News vom 25.11.2000 bis 04.12.2000

1. Grüne: Kalte Stillegung ist Rechtsbruch! 
2. Neue Unternehmensstrategien der DB AG und deren Auswirkungen auf den Zweckverband Nahverkehr Nordthüringen (NVN)!
3. EGRONET oder wie man Nahverkehr auch im ländlichen Raum attraktiv machen kann!
Eindrücke vom länderübergreifenden EXPO-Projekt im Vogtland!
4. NASA gestaltet ÖPNV attraktiver:  Berliner fahren mit der Bahn zu Weihnachtsmärkten und Dampfzügen in den Harz - NASA und DB wollen mehr Reisende in Fahrgastbeiräten zu Wort kommen lassen!

1. Grüne: Kalte Stillegung ist Rechtsbruch! 

Pressemitteilung der Grünen:
Scharfe Kritik übte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Stefan Wenzel, angesichts der beabsichtigten Stillegung der Bahnstrecke Northeim - Bodenfelde durch die DB AG. "Die DB AG muss sich an Recht und Gesetz halten, auch wenn das Unternehmen finanzielle Probleme hat", so Wenzel. Er bezeichnete die beabsichtigte "kalte Stillegung" als Rechtsbruch. "Erst jahrelang die Unterhaltung vernachlässigen und dann Stilllegen wegen 15 Millionen Sanierungsaufwand sei eine Unverschämtheit. 
Die DB AG sei zur Unterhaltung und Instandsetzung gesetzlich verpflichtet. Wenzel wies zudem darauf hin, dass das Land Niedersachsen die Strecke als Ausbaustrecke zum Bundesverkehrswegeplan angemeldet habe. 
Die Entwicklung sei bitter, so Wenzel. Jahrelang habe die Region Ausbaumaßnahmen in der Expo-Region Hannover mitfinanziert. Maßnahmen in Südniedersachsen habe die Landesnahverkehrsgesellschaft vernachlässigt. "Jetzt bekommen wir die Quittung." 
Bedauerlich sei zudem, dass der Verbandsvorsteher des Zweckverbandes Verkehrsverbund Südniedersachsen und Oberkreisdirektor von Northeim Wiese jahrelang die Lobby-Aktivitäten des Verkehrsverbundes blockiert habe. "Hier haben wir eine Chance vertan, die wir in Zukunft nutzen müssen", so Wenzel. 

Stefan Wenzel

2. Neue Unternehmensstrategien der DB AG und deren Auswirkungen auf den Zweckverband Nahverkehr Nordthüringen (NVN)!

Ein Beitrag von Andreas Wieninger, Mitglied des Stadtrates der Stadt Nordhausen und Verbandsrat des Zweckverband Nahverkehr Nordthüringen

In der letzten Zeit ist immer wieder von neuen Strategien und Konzepten im Bereich des Personenfernverkehrs und Personennahverkehrs im Unternehmen Deutsche Bahn AG die Rede. Diese werden nicht ohne Auswirkungen auch auf den erst vor wenigen Tagen gegründeten Zweckverband Nahverkehr Nordthüringen NVN bleiben. 
Daher möchte ich Ihnen aus meiner Sicht den derzeitigen Erkenntnisstand und die möglichen Folgen erläutern. 
Im Herbst des Jahres 1999 habe ich mit der Reise & Touristik AG der Deutsche Bahn AG, diese ist für den Personenfernverkehr zuständig, Kontakt aufgenommen mit dem Ziel der Prüfung einer Wiederaufnahme des Inter Regio Verkehres über die Kursbuchstrecke 590/600 Halle- Kassel Wilhelmshöhe, welcher erst vor wenigen Jahren eingestellt wurde. Die anfänglichen Reaktionen waren zu dieser Zeit durchaus als positiv zu bewerten. Mit der zwischenzeitlich eingetretenen Zusammenführung der Leitungsebenen der Sparten Fernverkehr und Nahverkehr zum Unternehmensbereich Personenverkehr ist eine völlig veränderte Unternehmensstrategie eingeführt worden. 
Diese will man im Bereich Fernverkehr mit dem Konzept Marktorientiertes Reiseangebot MORA und im Nahverkehr mit der sogenannten Mittelstandsoffensive umsetzen.
 MORA sieht bis zum Jahre 2004 die völlige Einstellung des Inter Regio Angebotes, wie aus der Anlage zu ersehen ist vor. Begründet wird dies mit der angeblichen Unrentabilität dieses Produktes. 
Welche verkehrspolitischen Folgen bei Umsetzung dieses Konzeptes zu erwarten sind, zeigt allein die Tatsache das es dann keine Fernreiseangebote gibt die ohne Zuschlag zu dem normalen Fahrpreis genutzt werden können und somit weiterhin die Menschen geradezu zur Benutzung des privaten PKW drängen. Eine Kompensierung soll über ein erweitertes Nahverkehrsangebot erreicht werden, so die Vorstellungen der Bahn. 
Dazu muss bemerkt werden, das auf Grund der gesetzlichen Vorgaben die Erlöse im Bereich des Fernverkehr eigenwirtschaftlich, also ausschließlich über Fahrkartenverkauf erreicht werden müssen. Die Erlöse des Nahverkehrs hingegen resultieren aus dem Bestellerentgelt (in Thüringen das Land) und dem Fahrkartenverkauf. Nun finden Gespräche mit den Bundesländern statt, um diese zu bewegen mehr Nahverkehrsleistungen, in diesem Fall bei der Regio AG zu bestellen. 
Dies darf aus meiner Sicht nur dann geschehen, wenn die Bundesmittel an die Bundesländer für den Nahverkehr aufgestockt werden. Geschieht dies nicht und bestellen die Bundesländer trotzdem diese Leistungen, so ist auf Grund des Mangels an Finanzmitteln für den Nahverkehr in der Folge mit der Abbestellung von Nahverkehrsleistungen in den Regionen, dies könnte nach bisherigen Erkenntnissen im Bereich des NVN die Kursbuchstrecken 598 Bleicherode/Ost- Großbodungen und 585 Sondershausen- Bretleben betreffen, zu rechnen.
Weiterhin kann es zu verminderten Angeboten, gerade in nach Meinung der Bahn unrentablen Zeiten, also in den späten Vormittags- wie auch späten Abendstunden auf allen weiteren Strecken kommen. Die Kursbuchstrecke 599 Leinefelde- Teistungen ist nach bisherigen Informationen durch das Land Thüringen zum 01.06.2001 abbestellt. 
Die DB Regio verhandelt derzeitig über ein Vorziehen dieses Termins auf Monat November diesen Jahres. Dies kann, wie ich meine, nicht in unserem Sinn als Verantwortliche für den NVN wie auch nicht im Sinn der Bürgerinnen und Bürger sein. Somit würde die vom Bahnvorstand für den Nahverkehr angekündigte Mittelstandsoffensive, bei der die Einbeziehung und Kooperation mit anderen Teilhabern in den Regionen für mehr Eigeninitiative und Ausrichtung auf die Wünsche der Kommunen, für mehr Service und Sicherheit sorgen sollte zur bloßen Makulatur. Weiterhin strebt die DB Regio Thüringen an ca. 50% ihrer gesamten in Thüringen zu erbringenden Nahverkehrsleistungen in Zukunft ohne Zugbegleiter zu fahren. Rechnet man die jetzt schon so erbrachten Leistungen der Erfurter Industrie Bahn EIB sowie die Leistungen der ab Frühjahr 2001 in Südthüringen fahrenden Süd Thüringen Bahn STB hinzu, so ergeben sich ca.70 - 75% aller Nahverkehrsleistungen in Thüringen ohne Zugbegleiter. Eine Betreuung der Reisenden in den Zügen, erteilen von Auskünften, vormelden von Anschlussreisenden bei Verspätungen ist dann nicht mehr möglich. 
Von präventiven Maßnahmen und steigern des Sicherheitsbedürfnisses der Reisenden gerade in einer Zeit von rechtsextremistischen Erscheinungen kann dann keine Rede mehr sein. Zur Zeit beziffert die Deutsche Bahn AG die Zahl der durchschnittlichen rechtsradikalen Vorfälle mit neunzig pro Woche! All die genannten Dinge erleichtern mit Sicherheit nicht den Start des Zweckverbandes Nahverkehr Nordthüringen. 
Ein angemessenes gemeinsames Handeln und formulieren unserer Vorstellungen ist meines Erachtens im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger dringend geboten! Dazu kann ich Ihnen schon entsprechende Vorschläge unterbreiten.

Weichenstellung für Nahverkehr überfällig
Für den öffentlichen Personennahverkehr ist der Schienenpersonennahverkehr unverzichtbarer Bestandteil eines Gesamtkonzeptes. Eine den Erfordernissen der Zeit entsprechende Verkehrspolitik setzt dabei gleichermaßen auf alle Verkehrsmittel. Ist ein Verkehrsmittel nicht mehr in der Lage seine Aufgaben entsprechend den Notwendigkeiten in diesem Gesamtkonzept zu erfüllen so wird das Gesamtsystem gefährdet und in Frage gestellt.

Nun sind in den zurückliegenden Jahren erstens weder die politischen Entscheidungen so gefallen das eine ausreichende Gleichstellung des Verkehrsmittels Eisenbahn mit anderen Verkehrsmitteln erfolgt ist, noch scheint zweitens das Untenehmen Deutsche Bahn AG in der Lage oder gewillt zusein für das Unternehmen wie auch für seine Kunden zukunftsorientierte Strategien zu entwickeln.

Daher sind an die Politischen Entscheidungsträger wie in bezug auf den Nordthüringer Verkehrsverbund an die Deutsche Bahn AG deren DB Regio der in Deutschland größte Anbieter von Schienennahverkehrsleistungen ist eine Reihe von Forderungen zu stellen von denen ich hier nur einige nennen möchte.

Forderungen an die Politik

Die vorgesehene Verwendung von 2 bis 2,5 Mrd.DM jährlich aus den UMTS Zinserlösen für die Instandhaltung der bestehenden Schieneninfrastruktur ist ein Schritt in die richtige Richtung. Zur Verbesserung dieser Infrastruktur wird es allerdings nicht kommen wenn, wie schon vorgeschlagen diese Gelder für Neubaustrecken verwendet werden. Richtig ist auch die vorgesehene Umwandlung der Kilometerpauschale in eine verkehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale.

Forderungen an die Deutsche Bahn AG

Veränderungen in bezug auf Angebot und Service im Bereich des Fern- wie auch Nahverkehrs. Die vorgesehenen Streichungen des Angebotes Inter Regio beim Fernverkehr und die Reduzierungen der Zugbegleiter/Kundenbetreuer beim Nahverkehr stärken nicht das Vertrauen in die Leistungsbereitschaft und den Leistungswillen des Unternehmens Deutsche Bahn AG. Im Nahverkehr hat es den Anschein man wolle sich mit den Personalreduzierungen endgültig vom Konzept eines verbesserten Service verabschieden. Dabei mag es durchaus gerechtfertigt sein zu bestimmten Zeiten in bestimmten Zügen ohne Zugbegleiter/Kundenbetreuer zu fahren. Andererseits sollte man darüber nachdenken ob denn nicht etwa z.b. mit dem Verkauf von Kaffee, Brötchen, Zeitungen u.s.w. in den Zügen ein besserer Service und damit verbesserte Umsätze erreicht werden können. Übrigens ist dieser Vorschlag nicht neu. Auch die zuständigen Betriebsräte bei DB Regio Thüringen haben dem zuständigen Arbeitgeber vorgeschlagen Überlegungen in diese Richtung anzustellen und können dabei wohl nur unterstützt werden.

Nachgedacht werden sollte auch über eine Durchbindung der Regionalexpress Linie von Northeim-Nordhausen-Erfurt weiter über Arnstadt bis Saalfeld.

Unbefriedigend sind die Fahrzeiten für die 80 Kilometer lange Strecke von Nordhausen bis Erfurt welche für die Regionalbahnen bis 1 Stunde 40 Minuten und selbst beim Regionalexpress noch bei 1 Stunde 15 Minuten liegen. Hier müssen die vorgesehenen finanziellen Mittel dringend eingesetzt werden um für den Regionalexpress Fahrzeiten von unter einer Stunde zu erreichen um die Akzeptanz zu steigern. Würde man die Strecke neigezugtauglich ausbauen könnten entsprechend noch kürzere Fahrzeiten erreicht werden. Dies käme besonders den täglichen Pendlern zugute.

Andreas Wieninger
Mitglied des Stadtrates der Stadt Nordhausen 
Verbandsrat des Zweckverband Nahverkehr Nordthüringen
Tel 03631 971409 
Fax 040 3603 168 117 
E-Mail: AWieninger@aol.com

3. EGRONET oder wie man Nahverkehr auch im ländlichen Raum attraktiv machen kann!
Eindrücke vom länderübergreifenden EXPO-Projekt im Vogtland!

Inhaltsübersicht

0 Vorbemerkungen

1 Ausgangssituation im ÖPNV des Vogtlandes

2 Das heutige EGRONET

2.1 Das Streckennetz der Eisenbahn 2.2 Das Liniennetz des Omnibusverkehrs 2.3 Die Verknüpfungspunkte 2.4 Der Fuhrpark 2.5 Die Grenzübergänge 2.6 Der Fahrplan

3 Flankierende Maßnahmen

3.1 Das Informationsmaterial 3.2 Die Fahrpreise und Sonderangebote

4 Einige Beobachtungen

5 Was kann der Harz vom Vogtland lernen?

0 Vorbemerkungen

Dem öffentlichen Personennahverkehr in der "Fläche" wird vielfach eine schlechte Zukunft vorhergesagt. Dabei ist er auch hier unverzichtbar. Dies gilt auch und gerade für Regionen, in denen der Tourismus eine wesentliche Rolle spielt: Hier ist Mobilität nicht nur für die Bewohner der Region, sondern auch für die Besucher und Gäste ein wichtiges Standortmerkmal.

Im Harz hat es in den vergangenen Jahren zwar punktuell durchaus Fortschritte im ÖPNV gegeben. Von einer übergreifenden Konzeption und einer einheitlichen Vermarktung kann jedoch keine Rede sein. Es gibt nahezu undurchdringliche Kreis- und Ländergrenzen. Dabei würde jede Kommune des Harzes und der Harzränder von der besseren Erreichbarkeit anderer attraktiver Ziele im gleichen Gebirge zweifellos profitieren. Wir erleben momentan aber eher das Gegenteil: Bisher durchgehende Linien werden an Kreisgrenzen gebrochen, Fahrplantabellen verschwinden, Anschlüsse werden verschwiegen und ähnliches mehr. Einen Übergangstarif gibt es lediglich zwischen den Kreisen Osterode am Harz und Goslar. Durchgehend lösen kann man ansonsten nicht, es sei denn, man nutzt nur die Züge der Deutschen Bahn.

Ganz anders dagegen im Vogtland. Hier ist es gelungen, ein übergreifendes Nahverkehrsnetz nicht nur kreis-, sondern länder-, ja sogar staatsübergreifend zu schaffen. Gegen viele Widerstände übrigens, nicht zuletzt der DB AG. Natürlich gab und gibt es auch Rückenwind durch die Tatsache, dass es sich um ein EXPO-Projekt handelt. Doch waren die Grundlagen schon gelegt, gab es die innovative Vogtlandbahn schon lange vor der EXPO-Idee. Und das EGRONET wird die EXPO überdauern.

Kann der Harz vom Vogtland lernen? Ja. Eine Menge sogar. Wir sollten endlich einsehen, dass der Harz sich nicht von allein vermarktet und dass es Ursachen für Besucherrückgänge und sinkende Übernachtungszahlen gibt. Hierzu gehört auch die unzulängliche Gestaltung des ÖPNV und seine sehr schlechte Vermarktung.

"Höchste Eisenbahn" hat sich im Vogtland umgesehen. Die folgenden Seiten geben die nahezu ausschließlich positiven Eindrücke wider und sollen für die Verantwortlichen im Harz eine Anregung sein, mehr, viel mehr für den eigenen ÖPNV zu tun. Es lohnt sich: Einheimische und Besucher werden es ihnen danken!

1 Ausgangssituation im ÖPNV im Vogtlandes

Schwache Wirtschaftsstruktur, sinkende Bevölkerungszahl, relativ geringer Bekanntheitsgrad als Urlaubsregion: Die Voraussetzungen für den Ausbau des ÖPNV waren im Vogtland wahrlich nicht gut. Das Vogtland als einheitlichen politischen Raum gibt es außerdem schon lange nicht mehr, es ist heute auf die Bundesländer Sachsen, Thüringen und Bayern und auf die Tschechische Republik aufgeteilt. Im "Westen" bekannt sind allenfalls die Plauener Spitzen, im "Osten" erlangten die großen Talsperren der niederschlagsreichen Region einen gewissen Bekanntheitsgrad, unter Verkehrs- und Architekturinteressierten sind die riesigen Steinviadukte der Eisenbahn über die Göltzsch und die Elster ein Begriff. In Bayern zählen Hof und Selb nicht unbedingt zu den Tourismusmagneten, und die Grenze zur Tschechei war früher nahezu undurchdringlich, sowohl von der DDR als auch von der Bundesrepublik aus.

Das Streckennetz der Bundesbahn in Bayern war bis zur Wende bereits um einige Strecken oder Abschnitte reduziert worden, die auf Hof zulaufenden Strecken lebten von Grenzübergang und dem Interzonenverkehr. Bei der DR wurde auch im Vogtland auf Verschleiß gefahren, kaum anders in Tschechien. Nach der Wende begann man bald mit dem Ausbau der "Sachsenmagistrale" zwischen Hof und Chemnitz bzw. Leipzig, die sich allerdings in typischer DB AG-Manier bis heute hinzieht und noch längere Zeit bis zum Abschluss brauchen wird. Unumstritten war auch die Bedeutung der Strecke Marktredwitz - Cheb (Eger), über die unter anderem ein EuroCity nach Prag verkehrt. Doch was sollte mit dem restlichen Netz geschehen, welches besonders in Sachsen und Thüringen stark heruntergewirtschaftet war? Aufgeben? Stillegen? Die DB hätte es wohl am liebsten getan, doch im Vogtland war man sich einig, dass die meisten Strecken eine Chance erhalten müssten.

In Thüringen und Sachsen sowie Böhmen gab es ein traditionell gut ausgebautes und dichtes Omnibusliniennetz. Auch rund um Hof war der Busverkehr gut ausgebaut. Doch musste das Wegbrechen des Berufs- und das Schwinden des Schulverkehrs Auswirkungen auf die Linien in der ehemaligen DDR haben. War es möglich, das Netz zu erhalten oder gar auszubauen?

Ein erster Schritt zur Stabilisierung des ÖPNV wurde mit der Gründung der "Vogtlandbahn GmbH" getan. Als Pate fungierte die private bayerische Regentalbahn, die sich im vogtländischen Reichenbach engagierte. Der zweite Schritt wurde - gewollt oder ungewollt - von der DB AG ausgelöst, als sie - wie beinahe üblich - die Sanierung des Streckennetzes vertrödelte, auf dem die Vogtlandbahn fahren sollte. Sachsen reagierte und übertrug bisherige DB-Leistungen auf Hauptstrecken auf die Vogtlandbahn, die dieses eigentlich nicht vorgesehene Einsatzgebiet bis heute behalten und noch erweitert hat. Von da an ging es bergauf. Freilich gehörte hierzu nicht nur die innovative Privatbahn, sondern auch der Wille der Landes- und Kommunalpolitiker, hier etwas neues, ja einmaliges zu schaffen.

2 Das heutige EGRONET

2.1 Das Streckennetz der Eisenbahn

Das Vogtland ist durchaus nicht dünn besiedelt. Neben der - nicht zum Vogtland, sondern zu Sachsen zählenden - Großstadt Zwickau gibt es als grössere Kommunen zwar nur noch Plauen (70.000 Ew) und Hof (55.000 Ew), aber dazu zahlreiche Mittel- und Kleinstädte wie Reichenbach, Auerbach, Falkenstein, Klingenthal, Adorf und Oelsnitz in Sachsen, Greiz in Thüringen oder Cheb/Eger, Sokolov/Falkenau und Plesna/Fleissen in Böhmen. Hinzu kommen Heilbäder wie Bad Elster, Bad Brambach oder Frantiskovy Lazne/Franzensbad und am Rande auch Karlovy Vary/Karlsbad. Daneben gibt es aber weite Waldgebiete ohne größere Orte und eher schwach besiedelte Hochebenen.

Die Textilindustrie hatte früher einen enormen Stellenwert, und auch andere Betriebe hatten sich angesiedelt. So war es nur natürlich, dass sich ein sehr dichtes Eisenbahnnetz entwickelte. Schließlich überschritt die Eisenbahn an insgesamt 6 Stellen auch die deutsch-böhmische Grenze. Die Heilbäder waren Ziel und Ursache für Expresszüge, die auch über Nebenstrecken fuhren. Das Kriegsende brachte die Unterbrechung für 3 der 6 Übergänge, über einen weiteren fuhren nur noch Güterzüge (As - Selb-Plößberg). In der DDR fiel einiges der Demontage zum Opfer, anderes dem Talsperrenbau (Muldenberg - Aue). Sowohl in der DDR als auch in der Bundesrepublik erfolgten auch Stillegungen aus wirtschaftlichen Gründen (Adorf - Erlbach, Falkenstein - Plauen, Lengenfeld - Reichenbach, Klingenthal - Sachsenberg und Wiesau - Waldsassen, Holenbrunn - Selb, Holenbrunn - Leupoldsdorf). Nach der Wende "erwischte" es die Strecke Neumark - Greiz. Über der vogtländischen Kernstrecke Zwickau / Reichenbach - Falkenstein - Klingenthal / Adorf schwebte das Damoklesschwert. Doch mit dem Bekenntnis zum Schienenverkehr und der Gründung der Vogtlandbahn wendete sich das Blatt. Die Deutsche Bahn brachte - widerwillig - die Strecke auf Vordermann und schuf die Voraussetzungen für einen Taktfahrplan mit "Flügelung" von Zügen auf Teilstrecken. Zuletzt wurde - ebenfalls widerstrebend - die Strecke Schwarzenberg - Johanngeorgenstadt saniert. In beiden Fällen wurden die Zeiten bei weitem überschritten.

Die Vogtlandbahn befährt heute die Strecken Zwickau - Falkenstein - Klingenthal - Graslice/Grasslitz, Zwickau - Reichenbach - Herlasgrün - Falkenstein - Adorf, Zwickau - Reichenbach - Plauen - Adorf - Bad Brambach - Cheb/Eger - Marktredwitz, Plauen - Hof, Plauen - Schleiz West und Hof - Zeulenroda - Gera. Die DB AG befährt die Strecken Zwickau - Aue - Johanngeorgenstadt - Karlovy Vary und Weischlitz - Plauen - Greiz - Gera, Hof - Weiden, Hof - Selb, Hof - Bad Steben, Hof - Lichtenfels sowie im Fernverkehr auch die Sachsenmagistrale zwischen Dresden und Nürnberg. Die tschechische Staatsbahn (CD) befährt die Linien Cheb/Eger - Sokolov/Falkenau - Karlovy Vary/Karlsbad - Chomutov, Sokolov - Graslice, Karlovy Vary - Johanngeorgenstadt und Cheb - As/Asch - Hranice/Roßbach und Cheb - Luby/Schönbach. Der Grenzübergang Bad Brambach - Vojtanov wurde nach langem Dornröschenschlaf wiederbelebt, der Übergang Klingenthal - Graslice gar vollkommen neu wieder aufgebaut, einschließlich Grenzbrücke.

Die hier am meisten interessierende Strecke Zwickau / Reichenbach - Falkenstein - Klingenthal / Adorf erlaubt nach Sanierung Geschwindigkeiten zwischen 60 und 80 km/h, in einigen Fällen gebremst durch noch nicht gesicherte Bahnübergänge, die mit 20 oder 30 km/h passiert werden müssen. Die Eigenart des eingesetzten Triebwagens führt allerdings hier dazu, dass die Fahrzeitverzögerungen sich in Grenzen halten. Die Infrastruktur ist stark zurückgebaut, da Güterverkehr gegenwärtig nur noch in Falkenstein stattfindet. Kreuzungsmöglichkeiten bestehen nur in Eich, Voigtsgrün, Lengenfeld, Falkenstein, Muldenberg, Zwotental und Klingenthal; Güterzüge können nur noch in Lengenfeld und Falkenstein gekreuzt oder überholt werden, da nur dort ausreichend lange Gleise vorhanden sind. Einige Bahnhöfe werden ferngesteuert, andere wie Muldenberg sind noch mit einem Fahrdienstleiter besetzt.

Eine äußerst interessante Lösung wurde in Herlasgrün gefunden, wo die vogtländische Stammbahn von der Sachsenmagistrale abzweigt. Hier wurde ein Gleisdreieck mit Bahnsteigen an allen drei Schenkeln eingerichtet, welches die gleichzeitige Ein- und Ausfahrt von drei Zügen erlaubt und es den von Falkenstein kommenden Zügen ermöglicht, ohne Wechsel der Fahrtrichtung sowohl nach Zwickau als auch nach Plauen zu verkehren. Der gesamte Bahnhof wird dabei von Reichenbach aus ferngesteuert.

Auf der reduzierten Infrastruktur sind dank des eingesetzten Fahrzeugs dennoch erstaunlich viele Fahrbewegungen und Kombinationen darstellbar. So werden in Falkenstein regelmäßig vier Züge in vier Richtungen an zwei Bahnsteigkanten abgefertigt. Die Einfahrt von Zügen in ein schon besetztes Gleis ist signaltechnisch geregelt und abgesichert. Innerhalb von 15 Minuten kommen die Züge aus Zwickau, Plauen und Klingenthal/Adorf an, kuppeln automatisch zusammen bzw. trennen sich automatisch, um dann ihre Fahrt in die jeweilige Gegenrichtung fortzusetzen. Damit sind auch stündlich alle Eckanschlüsse, zum Beispiel aus Plauen über Falkenstein nach Rodewisch, gewahrt. Das gleiche Manöver spielt sich in Zwotental ab, wobei hier die Eckanschlüsse Adorf - Zwotental - Klingenthal und umgekehrt hergestellt werden.

Höhepunkt des Innovationswillens ist jedoch die Einfahrt der vogtländischen Züge über ein Dreischienengleis in die Innenstadt von Zwickau. Hier spielt sich quasi ein umgekehrtes "Karlsruher Modell" ab, das Schienenfahrzeug fährt unter den Regeln der BO Strab wie eine Straßenbahn durch Zwickaus Strassen und endet an einer zentralen Haltestelle parallel zur "richtigen" Straßenbahn. Freilich ist auch dieses nur dank des eingesetzten besonderen Triebwagens möglich.

2.2 Das Liniennetz des Omnibusverkehrs

Das gesamte Vogtland verfügt auch 10 Jahre nach der Wende über ein ausgesprochen dichtes Omnibusliniennetz, welches - zumindestens von Montag bis Freitag - auch sehr häufig befahren wird. Bahnparallel wird praktisch nicht gefahren, lediglich einige stillgelegte alte Schienenverbindungen werden heute, ohne dass es dort jemals den Bahnbus gegeben hätte, per Bus betrieben, zum Beispiel zwischen Plauen und Falkenstein oder zwischen Oelsnitz und Falkenstein. In den kleineren und mittleren Städten gibt es auch einen Stadtbusverkehr, unter anderem in

· Klingenthal (13.000 Einwohner) als Nachfolge einer einstigen elektrischen Überlandstrassenbahn · Auerbach (21.000 Einwohner), Rodewisch (8.000) und Falkenstein (13.000) gemeinsam.

In anderen Orten entsteht durch Überlagerung mehrerer Überlandlinien ein stadtverkehrsartiger Fahrplan mit stündlichen oder halbstündlichen Abfahrten. Auch bestimmte Ausflugsziele werden im Linienverkehr bedient. So gibt es eine eigene Wander- und Skibuslinie zwischen Plauen und dem Kammweg des Vogtlandes in Mühlleiten, die nur Samstag und Sonntag befahren wird.

2.3 Die Verknüpfungspunkte

Vorbildliches wurde hier geleistet! Die Omnibusbahnhöfe und die Verknüpfungen Schiene/Bus wurden in vielen Städten und Gemeinden bereits ausgebaut. Busbahnhöfe wurden mit den Bahnhöfen zusammengelegt, um die Übergangswege kurz zu halten. In der Regel sind diese Übergänge jetzt auch niveaugleich möglich. Wo dies nicht der Fall ist, gibt es Aufzüge, um das Umsteigen zu erleichtern. Obwohl erst 1996 ernsthaft mit dem Umbau und Ausbau begonnen wurde, sind die Verknüpfungen Schiene/Bus schon in

· Hof und Marktredwitz · Plauen, Zwickau, Lengenfeld, Falkenstein, Klingenthal, Schöneck, Adorf, Oelsnitz, Weischlitz, Treuen · Greiz

fertiggestellt und vermitteln einen modernen, freundlichen und nicht zuletzt aufgrund ihrer Architektur auch dynamischen Eindruck. In Rodewisch wurde der Busbahnhof neu gestaltet. In einigen Fällen wurden gut sichtbare beleuchtete Tafeln aufgestellt, die die nächsten Abfahrten der Züge und Busse fortlaufend anzeigen, nicht etwa nur in grossen Städten wie Plauen, sondern auch an kleineren Umsteigepunkten wie Falkenstein und sogar in Schöneck Ferienpark. Dieser völlig neu errichtete Haltepunkt ist in jeder Weise vorbildlich geraten und weist wie viele andere Halte entlang der vogtländischen Bahnstrecken schon erhöhte Bahnsteige auf, die ein niveaugleiches Einsteigen in die Triebwagen erlauben. Tschechien hängt hier noch etwas zurück, doch wird derzeit zum Beispiel der Bahnhof Karlovy Vary dolni nadrazi / Karlsbad unterer Bahnhof zu einem imposanten Verknüpfungspunkt zwischen Bahn, Linien- und Reisebussen umgebaut.

2.4 Der Fuhrpark

Im EGRONET setzen sowohl die Vogtlandbahn GmbH als auch die Deutsche Bahn modernes Material ein. Die DB bringt den "Regio-Swinger" VT 612 zwischen Zwickau und Hof zum Einsatz, der die kurvenreiche Sachsenmagistrale schnell durchfährt, sowie den VT 642 ("Desiro") zwischen Zwickau, Johanngeorgenstadt und Karlovy Vary und zwischen Weischlitz und Gera. Die Vogtlandbahn hat den Regio-Sprinter von Siemens/DUEWAG und ebenfalls den Desiro, hier als "Regio-Sprinter 2" bezeichnet, im Einsatz. Der vogtländische Desiro hat im Unterschied zu dem der DB übrigens auch in der 2. Klasse Armlehnen, aber das nur nebenbei... Der Regio-Sprinter 1 ist ein äusserst innovatives Fahrzeug, welches eher Merkmale einer Straßenbahn aufweist und infolge bestimmter Eigenschaften wie hohes Bremsvermögen auch - und dies ist einmalig in ganz Deutschland! - parallel zur Straßenbahn bis in das Zentrum von Zwickau einfahren kann. Das Leichtbaufahrzeug hat auch auf weniger gutem Oberbau überraschend gute Fahreigenschaften und steht hier dem gediegenen Desiro oder dem Regio-Swinger kaum nach. Mit 120 km/h Höchstgeschwindigkeit ist er auch für die Hauptbahnen gut gerüstet und bewältigt die Strecke Hof - Plauen - Zwickau in einer äußerst respektablen Fahrzeit. Die tschechische CD konnte kaum etwas zur Komfortsteigerung beitragen. Hier bestimmen noch ältere Triebwagen mit Beiwagen oder herkömmliche Züge mit Ellok und D-Zug-Wagen das Bild. Gebummelt wird allerdings auch hier nicht, wenn das Relief es erlaubt. Die Vogtlandbahn fährt aber mit dem Desiro quer durch das böhmische Gebiet, ebenso die DB bis Karlovy Vary, und bessern so das Bild auf.

Für die Instandhaltung ihrer Züge hat die Vogtlandbahn in Neumark einen völlig neuen Betriebshof errichtet, der im eher ländlichen Raum immerhin 145 Arbeitsplätze bietet. In der Werkstatt werden auch Fahrzeuge für Dritte instandgehalten und repariert.

Auf deutscher Seite kommen zudem fast ausschliesslich moderne Omnibusse zum Einsatz. Der Fuhrpark wurde in den letzten Jahren von Grund auf erneuert, die alten Ikarusse sind weitgehend verschwunden. Niederflurtechnik und teilweise "Kneeling" bestimmen das Bild.

2.5 Die Grenzübergänge

Mit der Idee des EGRONET wurde der grenzüberschreitende Verkehr nach Tschechien auf der Schiene wiederbelebt. 4 Strecken werden inzwischen bedient, von denen 2 bis zur Wende keinen Zugverkehr mehr aufwiesen. Zwischen Johanngeorgenstadt und Potucky / Breitenbach konnte man, die die Schienen noch lagen, ohne grösseres Aufheben schon vor einigen Jahren wieder fahren, doch nun wurde der Bahnhof von Johanngeorgenstadt völlig umgebaut und die Zahl der grenzüberschreitenden Züge verdoppelt. Zwischen Klingenthal und Graslice /Graslitz war die Grenzbrücke wegen Baufälligkeit demontiert worden. Im Mai wurde eine Behelfsbrücke eingehoben. Sie wurde jetzt durch eine völlig neue Brücke ersetzt, die man zuvor in einem deutsch-tschechischen Brückenfest getauft hat. Über Bad Brambach fahren nun wieder täglich 8 Zugpaare statt eines einzigen zuvor, und auch zwischen Marktredwitz und Cheb / Eger wurde der Zugverkehr fast verdoppelt. Die Abfertigung gestaltet sich völlig unproblematisch und wird in der Regel von den Beamten beider Staaten gemeinsam durchgeführt.

2.6 Der Fahrplan

Neben der Schaffung einer geeigneten Infrastruktur und dem Einsatz moderner Fahrzeuge ist der Fahrplan das A und O der Bedienung auch im ländlichen Raum. Im gesamten deutsche Vogtland hat man sich für einen angebotsorientierten Fahrplan auf Schiene und Strasse entschieden, d.h. man fährt auf allen Schienenstrecken und den wichtigen Buslinien im Takt. In Tschechien fährt nur die private VIAMONT zwischen Kraslice und Sokolov im Takt. Mit deutschen Fahrzeugen wird auch die Strecke Plesna - Cheb - Marktredwitz im 2-Stunden-Takt bedient, sonst geht es noch nachfrageorientiert zu.

Im Vogtland herrscht der Stundentakt vor, zwischen Zwickau, Plauen und Hof sowie Plauen und Adorf gibt es einen überlagerten Takt mehrerer Systeme. Nach Schleiz West, von Zwotental bis Adorf und von Weischlitz bis Greiz wird zweistündlich gefahren. Die Strecken werden in der Regel von 5 bis 22 Uhr bedient. Die Züge sind in Plauen, Herlasgrün, Falkenstein und Zwotental optimal miteinander verknüpft; hierdurch und durch die Flügelung der Sprinter entstehen sehr gute Eckanschlüsse aus allen in alle angebotenen Richtungen. Das Kuppeln und Entkuppeln der Triebwagen ist eine Augenblicksangelegenheit und wirkungsvoll signalisiert.

Im enger betrachteten Raum um Falkenstein verkehren auch die Busse sehr häufig. Zwischen Rodewisch, Auerbach und Falkenstein besteht werktags ein 15- bzw. 30-Minuten-Takt den ganzen Tag über, zwischen Falkenstein und Plauen verkehren die Busse stündlich, sonst alle 2 Stunden mit einigen Verdichtungen. Ebenfalls stündlich wird die Achse Klingenthal - Adorf - Bad Elster bedient. Nicht immer, aber sehr häufig klappt es an den Verknüpfungspunkten mit direkten Anschlüssen, ansonsten beträgt die Wartezeit meistens zwischen 10 und 20 Minuten.

An dieser Stelle sei schon ein kurzer Vergleich eingeschoben. Zwischen Osterode und Herzberg verkehren werktäglich 7 Zugpaare und 8 Buspaare. Zwischen den ähnlich grossen Städten Auerbach und Falkenstein sind es 19 Zugpaare und 54 Buspaare - bei nahezu gleicher Entfernung und spürbar schwächerer Wirtschaftskraft im Vogtland.

3 Flankierende Maßnahmen

3.1 Das Informationsmaterial

Was nützt der beste Fahrplan, wenn ihn keiner kennt? Was nützen die schönsten und neuesten Züge, wenn keiner davon erfährt? Im EGRONET hat man sehr viel Wert auf eine gute Öffentlichkeitsarbeit und begleitendes Informationsmaterial gelegt. Fahrpläne und Prospekte werden an vielen Stellen abgegeben und haben ein handliches Format. Alle Stadtverwaltungen und die Einrichtungen des Fremdenverkehrs sind in den Vertrieb einbezogen. Das Logo EGRONET ist überall zu sehen. In den Triebwagen der Vogtlandbahn können Fahrpläne und Informationen über Fahrpreise usw. aus Infoboxen entnommen werden, die auch ständig nachgefüllt werden.

Eine besonders nette Geste gegenüber den Fahrgästen: In den Sprintern liegt frühmorgens in durchaus ausreichender Zahl die örtliche Tageszeitung aus. Von diesem Angebot wird rege Gebrauch gemacht.

Eigene Nahverkehrskarten informieren grenzüberschreitend über alle Bahn- und alle Buslinien im ganzen EGRONET.

Die Tourismus- und Verkehrszentrale in Auerbach (das tschechische Gegenstück befindet sich in Cheb) hat nicht nur ständig Kontakt zu den Zügen und Bussen, sondern erteilt auch von früh bis spät Fahrplanauskünfte und schickt auf Wunsch auf gern Infomaterial zu. Während der EXPO gibt es zusätzlich 5 Besucherzentren, in denen man sich über das Netz informieren, Fahrscheine erwerben und sich mit anderem Material eindecken kann.

3.2 Die Fahrpreise und Sonderangebote

Die Fahrpreise für Einzelkarten, Wochenkarten usw. entsprechen dem üblichen Verbundniveau in Sachsen und Thüringen. Das 35-DM-Ticket wird auch bei der Vogtlandbahn anerkannt. Für den Vogtlandkreis gibt es zusätzliche Angebote für Wenigfahrer und Touristen. Während der EXPO wurde ein eigenes EGRONET-Ticket herausgegeben, mit dem man im gesamten Netz auch grenzüberschreitend fahren konnte. Mit dem Ticket, welches zum Beispiel für eine Woche für 50,- DM zu haben war, konnten also auch alle Busse in Tschechien benutzt werden, eine bislang einmalige Angelegenheit, von der viele Kunden Gebrauch gemacht haben.

4 Einige Beobachtungen

Das EGRONET ist eine rundum gelungene Sache. Dies bestätigen auch die Eindrücke, die man in einer Woche gewinnen kann. Der Erwerb eines Tickets ist unkompliziert, besondere "Hürden" sind nicht zu nehmen. Streifen abtrennen, entwerten, und schon kann's losgehen, mit allen Zügen und Bussen im ganzen Vogtland. Einschliesslich des tschechischen Teils, wo die Zugschaffner im Bilde sind und das Ticket anstandslos akzeptieren. Für normale Fahrscheine sind die Sprinter 1 und 2 der Vogtlandbahn übrigens mit einem Automaten ausgestattet. Damit wird dem Vandalismus vorgebeugt, und die Dinger funktionieren eigentlich immer! Allerdings gibt es nur das Fahrscheinangebot des Vogtlandes, übergreifende Fahrscheine kann man nicht ziehen. Aber die holt man sich wie anderswo auch im Reisezentrum oder Reisebüro.

Die Haltestellen, Bahnhöfe und Züge werden gut gepflegt. Verschmutzte Bahnsteige gab es kaum zu sehen, ebenso wenig gibt es versprayte Züge, ausgenommen Tschechien, wo diese Unsitte jetzt erst richtig um sich greift. Die roten DB-Züge und die weiß-grünen Vogtlandzüge sind stets sauber. Den meisten Bahnhöfen hat man schon eine Grundüberholung zukommen lassen, die neben Anstrich und Ausbesserung meistens auch eine Anhebung der Bahnsteigkanten auf das Sprinter-Niveau gebracht hat. Das macht das Ein- und Aussteigen auch für ältere Menschen, Radfahrer, Leute mit Kinderwagen und Behinderte einfach und bequem. Im Zweifel hilft bei der Vogtlandbahn auch schon mal der Triebwagenführer (!), etwas, was bei der DB erst noch werden muss.

Die Vogtländer sind stolz auf ihre Bahn. Sie nehmen sie auch an. Bahnfahren ist im Vogtland wieder populärer geworden, es ist eben "unnere Bahn", die man da benutzt und Besuchern auch gern zeigt. Es ist gelungen, die Bahn und das ganze EGRONET in den Köpfen der Bevölkerung zu verankern.

Freilich gibt es auch noch "Bruchbuden" und "Prottecken", vernagelte Bahnhofsfenster und anderes mehr. Doch sind dies schon die Ausnahmen und nicht wie in manchen DB-Bereichen der Normalfall. Wegen der starken Rationalisierung der Gleisanlagen sind längst nicht mehr alle Bahnhöfe besetzt, einige werden ferngesteuert. Teilweise riesige Gebäude wie Klingenthal stehen praktisch leer; dafür sehen sie eigentlich sogar noch ganz gut aus. Soweit machbar, werden die Bahnhöfe einer neuen Nutzung zugeführt. Weniger schön sieht es da in Tschechien aus, wo einige ländliche Stationen einen eher heruntergekommenen Eindruck machen. Aber auch hier gibt es schon sehr schöne Beispiele für Renovierungen wie Nejdek / Neudeck, geradezu ein Schmuckstück eines Landbahnhofs.

Die vogtländische Toilettenkrise ist auch schon fast gelöst. Die Sprinter 1, ursprünglich ohne, sind auf Druck der Bevölkerung inzwischen fast alle nachgerüstet worden, die Sprinter 2 sind gleich mit geliefert worden. Allerdings fehlt in den Sprintern 1 jetzt der spezielle Platz für Fahrräder, was bei Massenandrang schon etwas unangenehm auffällt.

5 Was kann der Harz vom Vogtland lernen?

Jede Menge. Das Vogtland ist politisch geteilt wie der Harz auch, es ist teilweise strukturschwach und es wird - deutlich weniger als mancher Bereich des Harzes - vom Tourismus geprägt. Es ist auch eher ländlich und hat nur wenige große Städte aufzuweisen, und die liegen wie im Harz eher am Rande. Den Vogtländern ist es unter diesen für den ÖPNV doch angeblich so schlechten Vorzeichen gelungen, ein vorbildliches ÖPNV-System zu schaffen und damit auch Erfolge zu erzielen. Dabei ist es nicht unbedingt Gigantomanie oder die absolut "perfekte" Lösung, sondern man ist vorwiegend pragmatisch an die Sache herangegangen. Manche Bereiche des Schienennetzes sind nur soweit saniert worden, dass es für die Einhaltung des Fahrplans und die Gewährleistung der Anschlüsse reicht. Man muss nicht 100 km/h fahren, wenn der Fahrgast am nächsten Verknüpfungspunkt dadurch nur länger warten muss. Aber: Endlose Langsamfahrstellen oder Abschnitte, die schon 5 und mehr Jahre der Aufarbeitung harren, findet man hier ebenso wenig.

Läge die Strecke Herzberg - Seesen im Vogtland, hätte man sie wahrscheinlich so hergerichtet, dass der Anschlussknoten in Seesen klappt, nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Was dem Harz im Vergleich zum Vogtland aber völlig fehlt, ist die ganzheitliche Vermarktung des Zug- und Busangebots unter einer Marke und einem Logo mit einer auskunftsfähigen und -willigen Tourismus- und Verkehrszentrale, die neben dem Fahrplan auch noch über andere Dinge Bescheid weiß. Bei uns ist es schon schwierig bis aussichtslos, eine Busverbindung von Walkenried nach Wernigerode in Erfahrung zu bringen. Der einheitliche Fahrschein wenigstens im touristischen Bereich ist uns auch fremd, ebenso die überschaubare und gute Nahverkehrskarte mit allen Linien und Haltestellen.

Ganz entscheidend ist jedoch für uns die Botschaft: Es lohnt sich, auch im ländlichen Raum ÖPNV zu betreiben. Mit neuen Ideen und Angeboten kann man auch hier Kunden in Züge und Busse locken und kann dem Urlauber einen echten Mehrwert verschaffen. Die Strategie darf hierzu nicht rückwärts gerichtet oder auf Schrumpfung programmiert zu sein, sondern muss offensiv ausgerichtet werden.

Michael Reinboth
Initiative "Höchste Eisenbahn für den Südharz"

4. NASA gestaltet ÖPNV attraktiver:  Berliner fahren mit der Bahn zu Weihnachtsmärkten und Dampfzügen in den Harz - NASA und DB wollen mehr Reisende in Fahrgastbeiräten zu Wort kommen lassen!

Während die Niedersächsische Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) so gut wie keine Öffentlichkeitsarbeit leistet, gestaltet die NASA durch neue Angebote den ÖPNV attraktiver!

Pressemitteilungen der NASA vom 24.11.2000

Magdeburg/Halle. Zu einem Adventsausflug in den Harz mit Weihnachtsmarktbesuch, Dampfzugfahrten und historischen Bussen laden NASA und DB Regio AG ein. An den drei ersten Dezemberwochenenden hat die Bahn im Auftrag der Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt GmbH auf verschiedenen Strecken Dampfloks im Einsatz. Mit dem regulären Wochenendzug von Berlin über Potsdam und Brandenburg gelangt man bequem zu den schönsten Weihnachtsmärkten im Harz. Ein Erlebnis für die ganze Familie, das mit dem Schönen-Wochenende-Ticket für 40 Mark besonders attraktiv ist.

Im Advent verkehren auch wieder Kurswagen nach Quedlinburg. Damit eröffnet sich den Bahnreisenden in Halberstadt ein ganzer Fächer von Möglichkeiten: Sie können an den ersten drei Adventswochenenden · einfach aussteigen und Halberstadt besuchen, z. B. die „schönste Bibliothek Deutschlands" in der alten Kapelle des Petershofes (einst Bischofssitz) · im Zug nach Wernigerode sitzen bleiben · im Kurswagen, per Dampfzug oder im historischen Autobus weiter nach Quedlinburg fahren (Plan im Anhang) · am zweiten und dritten Adventswochenende ab Halberstadt mit dem Dampfzug nach Blankenburg mit seinen barocken Schlössern und Gärten fahren. All diese Angebote können mit dem Schönen-Wochenende-Ticket genutzt werden.

Im Zug nach Halberstadt gibt es außerdem an den drei Wochenenden – solange der Vorrat reicht – Gratisgutscheine für gemeinsame Angebote der NASA, der DB Regio AG und der touristischen Einrichtungen: Das reicht vom Willkommenstrunk über vergünstigte Stadtführungen und kostenlosen Eislaufspaß für Bahnfahrer bis zum Pauschalangebot für Übernachtungen mit zahlreichen Extras (ab 69 Mark pro Person). Weihnachtsmärkte gibt es in allen vier Orten. In Blankenburg kann man historische Eisenbahnen besichtigen und mit einer alten Kleinbahn sogar mitten durch die Stadt fahren. Quedlinburg lädt am 9./10. und 16./17. Dezember zu „Advent in den Höfen" ein, wo man einen Blick „hinter dicke Mauern und schwere Tore" werfen kann …

Dampfzugfahrplan der NASA GmbH und der DB Regio AG ab Halberstadt Samstag und Sonntag, 2./3. Dezember 2000 Anstelle der Kurswagen fährt von Halberstadt um 09.42 Uhr ein Dampfzug nach Quedlinburg (weiter nach Gernrode) und zurück um 18.03 Uhr von Quedlinburg nach Halberstadt (mit Anschluss an den Zug nach Berlin). Samstag und Sonntag, 9./10. Dezember 2000 Stündlich verkehrt ein Dampfzug von Halberstadt nach Blankenburg (08.05 bis 11.05 und 14.05 bis 17.05 Uhr) und zurück (08.31 bis 11.31 und 14.31 bis 17.31 Uhr). Samstag und Sonntag, 16./17. Dezember 2000 Dampfzüge fahren um 10.05 Uhr und 16.05 Uhr von Halberstadt nach Blankenburg; Rückfahrt um 11.31 Uhr und 17.31 Uhr ab Blankenburg. Außerdem verkehren Kurswagen von Halberstadt nach Quedlinburg und zurück.

Fahrt mit historischen Omnibussen am Sonntag, 10. Dezember Anstelle der Kurswagen von Halberstadt nach Quedlinburg fahren am Sonntag, dem 10. Dezember, historische Busse, die auch Touren in der Stadt Quedlinburg anbieten.

Ab Wernigerode und Gernrode verkehren Züge der Harzer Schmalspurbahnen GmbH.

Die Regelzüge fahren samstags und sonntags von Berlin Ostbahnhof 06.29, Berlin Zoologischer Garten 06.46, Berlin Wannsee 06.57, Potsdam 07.06 und Brandenburg 07.31 Uhr. Weitere Informationen unter www.nasa.de, www.bahn.de oder 01803/194195.

Fahrgastbeiräte: NASA und DB wollen mehr Reisende zu Wort kommen lassen

Magdeburg/Halle. Die Meinung der Bahnfahrer ist gefragt. Fahrgastbeiräte gab es in Sachsen-Anhalt zwar schon, aber nun soll das Wort der Fahrgäste mehr Gewicht bekommen. Die Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt GmbH (NASA), die im Landesauftrag den Eisenbahnnahverkehr plant, bestellt und bezahlt, und die Deutsche Bahn AG versprechen sich von den Kunden als „Experten des Bahnalltags" wichtige Hinweise für die Gestaltung eines kundenfreundlichen Nahverkehrs auf der Schiene. In den bisherigen Beiräten waren nur wenige Fahrgäste vertreten. Das soll sich ändern. Deshalb wird noch einmal intensiv – auch im Rundfunk – für die Mitarbeit in einem der Beiräte geworben. Gezielt spricht die DB AG auch Stammkunden an. Die Beratungen werden von einem neutralen Gesprächsführer moderiert. In der Themenwahl ist der Beirat offen. Es gibt fünf Fahrgastbeiräte in den Regionen: · Altmark · Magdeburg und Umland · Harz · Dessau und Umland · Saale/Unstrut (tagt in Halle). Sie sollen weiterhin zweimal im Jahr tagen. Bei Bedarf sind zusätzliche Termine möglich. Interessenten sollten sich bis zum 01. Dezember 2000 bei der Agentur Rodenbröker und Partner in Magdeburg melden, Telefon: 0391/5982-103.