News vom 01.06.2025 bis 30.06.2025
Walkenried: Die Deutsche Bahn kündigt Omnibusfahrten an, die es gar nicht gibt
(Stand:16.06.2025)
An sich läuft es mit den Zügen der DB Regio AG auf der Südharzstrecke nicht
schlecht. Verglichen mit anderen Strecken, wo es laufend Ausfälle wegen
fehlenden Personals und darüber hinaus auch immer mehr Verspätungen gibt, gibt
es zwischen Northeim und Nordhausen wenig Störungen. Zwischen Herzberg und
Braunschweig sieht es zwar nicht ganz so gut aus, aber unter dem Strich
schneidet DB Regio im Harz-Weser-Netz noch ganz gut ab.
Dass man eine Zuverlässigkeit etwas über 90 % als „vergleichsweise gut“ bezeichnen muss, spricht freilich Bände, was den allgemeinen Zustand des Bahnnetzes und des Bahnbetriebs angeht. Aber als überzeugter Bahnreisender nimmt man kleinere Unpässlichkeiten inzwischen auch gelassen hin. Gelassenheit, so drückt es Wilhelm Schmid in seinem kleinen Büchlein „Gelassenheit – Was wir gewinnen, wenn wir älter werden“ aus, ist eben eine Tugend des älteren Menschen.
Leider hatte ich das Büchlein am Mittwoch (11.06.2025) nicht bei mir, denn Zeit zum Lesen hätte ich gehabt, und auch die Tugend selbst wurde auf eine harte Probe gestellt. Die Anreise zu einem Arzttermin hatte am Morgen noch gut geklappt, der Termin selbst ging so reibungslos über die Bühne, dass ich mich schon auf eine frühe Rückfahrt um 9.39 von Nordhausen nach Walkenried gefreut habe. Aber nur so lange, bis die Leuchtschrift auf der Anzeigetafel in der Bahnhofshalle verkündete, dass der Zug ausfällt. Wie das? Am Morgen stand er doch noch drin?
Er fiel ja auch nicht ganz aus, sondern wieder mal „nur“ zwischen Herzberg und Nordhausen und eben von dort zurück nach Bodenfelde. Das konnte man dem DB Navigator entnehmen.
Man konnte aber noch mehr erfahren. Im Navigator wie auch auf der Anzeigetafel erschien die frohe Botschaft, dass statt des Zuges um 9.44 ein Bus verkehren sollte, der die Fahrgäste nach Herzberg bringen würde, zwar später als geplant, aber doch immerhin früher als mit dem nachfolgenden Zug. Man wurde auch darüber informiert, dass um 9.50 ein Ersatzbus aus Richtung Herzberg in Nordhausen eintreffen würde.
Nanu? So flexibel sollte die Bahn sein? Im Handumdrehen einen Ersatzbus sowohl in Herzberg als auch in Nordhausen bereitstellen zu können, das zeugte schon von hoher Kunst in der Logistik. Und das wollte ich dann auch sehen, weswegen ich mich, anstatt einen Kaffee im Bahnhof zu trinken, auf dem Vorplatz positionierte, der im übrigen weit und breit keinerlei Schild kennt, das auf abfahrende Ersatzbusse hinweisen würde. Am Vorplatz von Nordhausen fahren sehr viele Busse ab, es gibt jede Menge Abfahrtsplätze, aber man würde einen SEV-Bus ja schon irgendwie erkennen können.
Angekündigte Busse fahren nicht – stehen aber unverdrossen im System
Zur Beruhigung aller, die nun schon von wundersamen Leistungssteigerungen bei der Deutschen Bahn träumen: Nichts von dem, was im „Navigator“ stand, hat gestimmt. Gar nichts.
Schon die Ankündigung, dass der Bus aus Herzberg um 9.50 ankommen sollte, also 6 Minuten, nachdem der andere Bus nach Herzberg abgefahren wäre, hätte stutzig machen müssen. Dann wären ja zwei Busse vonnöten gewesen, was die in Berlin sitzende Bestellorganisation für den Ersatz- und Notverkehr niemals geduldet hätte. Es geht da ja keineswegs um den Kunden, sondern nur darum, ob der zuständige Manager am Jahresende wegen nicht ausgegebener Gelder seine Tantieme abräumt.
Also, sagte man sich, vor 9.50 passiert hier mal nichts. Es passierte aber auch sonst nichts. Um 10.20 standen die Busse immer noch im System, aber es hat sie nie gegeben. Möglich, dass ein Unternehmer die Fahrt zugesagt hat, durchgeführt wurde sie jedenfalls nicht. Es war, um es ganz deutlich zu sagen, eine reine Kunden-Verklappserei, also das inzwischen bei der DB übliche Verfahren. Um 10.20 traf, verspätet, aber doch immerhin mit klaren Scheiben und unverspayt, der nachfolgende Zug in Nordhausen ein und entließ jede Menge Fahrgäste, darunter eben auch die, die ja eigentlich um 9.50 mit dem Ersatzbus hätten ankommen sollen. Von dem, sagte man mir, hätten sie auch in Herzberg nichts gesehen …
Um 10.39 ging es dann, eine Stunde später als es möglich gewesen wäre, dann wieder zurück nach Walkenried. Eine mitreisende Dame ärgerte sich: „Ich habe den 9.39 um ein paar Minuten verpasst“. Ich konnte sie beruhigen: Er ist ja gar nicht gefahren.
Fazit: Die DB-Informationssysteme kann man in die Tonne treten
Ja, so muss man es wohl ausdrücken. Der „Navigator“ taugt gar nichts, wenn irgendwas mal nicht nach Plan läuft. Die dem Kunden eigentlich helfen sollenden Auskünfte zu Ersatzverkehren sind der reine Schrott. Auch das, was auf der Anzeigetafel angeboten wird, wenn ein solcher Fall eintritt, ist Murks. Ja nicht darauf verlassen – es stimmt hinten und vorne nicht. Bei dem Zuständigkeits-Wirrwarr mit Akteuren weitab des eigentlichen Geschehens und bar jedweder Ortskenntnisse ja auch kein Wunder.
Die Krönung wäre nun noch, dass man dem
Aufgabenträger, der den ganzen Spaß ja bezahlt, mittels der Angaben im Navigator
vorgaukelt, dass man sich ja sofort und mit Erfolg um eine Lösung für die Kunden
bemüht habe.
Michael Reinboth