News vom 01.05.24 bis 31.05.24

1. Südharzstrecke: Technisches und kommunikatives Desaster für die Bahn auf der Südharzstrecke (Stand: 18.05.2024)
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. Südharzstrecke: Weiterhin Zugausfälle und Informationschaos - Initiative reicht Dienstaufsichtsbeschwerde beim Eisenbahn-Bundesamt über DB InfraGO Niederlassung Südost Leipzig ein (Stand: 21.05.2024)

 

1. Südharzstrecke: Technisches und kommunikatives Desaster für die Bahn auf der Südharzstrecke (Stand: 18.05.2024)
In der Frühe des Pfingstsamstags (18.05.2024) gingen auf dem digital gesteuerten Teilstück Walkenried – Nordhausen einmal mehr alle Lichter aus. Zugfahrten waren nicht mehr möglich. Ein vergleichbares Ereignis im letzten Jahr führte zu einem Zugausfall bis in die Mittagsstunden.
So wurde es auch für den 18.05.2024 angekündigt, die Kunden wurden mit, wie sich herausstellte, falschen Informationen darüber hinweggetäuscht, dass Zugfahrten östlich von Walkenried gar nicht möglich waren. Die endeten, soweit sie überhaupt fuhren, in Walkenried und drehten wieder um.

Erst in den Mittagsstunden wurde das ganze Ausmaß des Debakels offenbar, denn nun meldete man ehrlicherweise, dass kein einziger Zug mehr zwischen Walkenried und Nordhausen verkehren könne, es läge eine „Stellwerksstörung“ vor. Ein Bus-Notverkehr sei mit einem Bus eingerichtet, der zwischen Walkenried und Nordhausen pendeln würde. Wann und wie, das blieb – und bleibt auch weiterhin – vollkommen offen. Inwieweit der Bus überhaupt fährt, kann niemand nachprüfen, denn im Bahn-Auskunftssystem tauchen diese Fahrten nicht auf. Niemand kann auch wissen, wann welche Station denn angefahren wird.

Mit anderen Worten: Das Reisen mit der Bahn ist seit dem 18.05.2024 zwischen Walkenried und Nordhausen faktisch nicht möglich, da es keinerlei Informationen über das ob, wie und wann des Ersatzverkehrs gibt. Kein Mensch kann sich in Nordhausen oder Ellrich an eine Haltestelle stellen, weil vollkommen unklar ist, ob überhaupt jemals ein Bus vorbeikommen wird.

In dieser Brutalität hat man den Kunden im Südharz noch nie gezeigt, welchen Wert man auf sie legt: Keinen nämlich.

Und dieser Zustand, dies wurde am Samstag am Nachmittag mitgeteilt, würde bis zum 21.05.2024 anhalten, also mehr als drei Tage lang. Drei Tage lang gibt es also keinen öffentlichen Verkehr zwischen Walkenried und Nordhausen, denn Busankündigungen ohne jegliche Zeitinformationen sind ein Witz, über den der in Nordhausen oder Walkenried gestrandete Fahrgast nicht lachen kann und der auf den Zwischenstationen wartende Kunde schon gar nicht.

Zum kommunikativen Desaster kommt ein planerisches und ein technisches hinzu.
1. Das planerische Desaster:
Obschon die gepriesene digitale Technik, die zwischen Walkenried und Nordhausen verbaut wurde, offenbar dritte Wahl war und des Öfteren den Geist aufgibt, hat man es nicht geschafft, einen wirklichen Notfahrplan aufzustellen, den man im Bedarfsfall (an den wir im Südharz und ganz offenbar gewöhnen müssen) aus der Schublade zieht und ein Busunternehmen mit seiner Durchführung beauftragt. Hätte man diesen, könnte man, immerhin, Fahrzeiten kommunizieren, auch wenn diese natürlich nicht befriedigen können. Aber der Kunde wüsste immerhin, ob sich der Gang zur Station bzw. zum Ersatzhalt lohnt oder nicht. So wie derzeit gehandhabt, weiß er gar nichts.

2. Das technische Desaster
ist, dass es offenbar nicht möglich ist, einen Fehler in der hochgelobten digitalen Stellwerkstechnik binnen Stunden zu analysieren und abzustellen. Das Lied vom Unvermögen des Unternehmens „DB InfraGO“ (früher DB Netz) kann inzwischen ja schon jeder Spatz mühelos vom Dach herunterpfeifen.

Im vorliegenden Fall – mehr als drei Tage kein einziger Zug, weil im Stellwerk ein doch sicher mühelos zu lokalisierender und demzufolge auch abzustellender Fehler vorliegt – kann man im Zusammenhang mit dem Pfingstfest natürlich noch auf ganz andere Gedanken kommen. Wie, wenn man bei DB InfraGO schlicht und einfach keine Lust darauf hat, sich über die Pfingsttage mit der Reparatur eines Provinz-Stellwerks in Göttingen zu befassen? Reicht doch auch noch am Dienstag, und die Fahrgäste sind doch so oder so schon weg…

Bei der Deutschen Bahn in ihrem aktuellen Zustand kann und darf man nichts ausschließen. Gar nichts. Dafür hat man als Fahrgast ja schon die seltsamsten Dinge erlebt und auch die abstrusesten, leicht zu entlarvenden Ausreden zur Kenntnis nehmen müssen.

Nein, in diesem Unternehmen funktioniert praktisch nichts mehr.

Wird denn tatsächlich irgendwo mal gebaut, klappt auch das nicht – Verzögerungen von bis zu einem halben Jahr sind derzeit nicht die Ausnahme, sondern die Regel.

Es wird, um im Bild zu bleiben, allerhöchste Eisenbahn, dass Köpfe rollen, und zwar ganz, ganz oben.
Die Vorstände, die man wegen völliger Unfähigkeit entlassen sollte, angefangen bei Herrn Lutz und dann weiter bei den Chefinnen und Chefs von DB Fernverkehr, Regio, DB Cargo und vor allem DB InfraGO, fallen ja Dank üppiger Tantiemen für eine Nullleistung relativ weich und müssen ganz sicher nicht verhungern.
Sie können aber allesamt einen Betrieb wie die Deutsche Bahn nicht führen – oder, führen können sie ihn schon, und zwar rasend schnell in den Abgrund.
Wie lange will man eigentlich noch zusehen, wie das Unternehmen Bahn immer mehr und immer schneller in Agonie verfällt? 
Michael Reinboth

2. Südharzstrecke: Weiterhin Zugausfälle und Informationschaos - Initiative reicht Dienstaufsichtsbeschwerde beim Eisenbahn-Bundesamt über DB InfraGO Niederlassung Südost Leipzig ein (Stand: 21.05.2024)

     

    Eisenbahn-Bundesamt

    Außenstelle Hannover

    Herschelststraße 3

    30159 Hannover

 

    Eisenbahn-Bundesamt

    Außenstelle Erfurt

    Juri-Gagarin-Ring 114

    99084 Erfurt

 

     

    Sehr geehrte Damen und Herren,

     

    unsere Initiative ist seit mehr als 30 Jahren für den Schienenverkehr und den ÖPNV im Südharz tätig und hat in diesem Zusammenhang bereits mehrfach die Interessen der Fahrgäste gegenüber den Unternehmen der DB AG vertreten, die das immer undurchdringlichere Dickicht der Konzernstruktur mit ihren mitunter selbst für uns kaum mehr überschaubaren Zuständigkeiten nicht zu überblicken vermögen. In dieser Eigenschaft als Vertretung der Kunden legen wir hiermit eine Dienstaufsichtsbeschwerde über das Unternehmen DB InfraGO, konkret über die Niederlassung Südost Leipzig, ein. Da das, was im Folgenden zu schildern ist, sowohl Niedersachsen als auch Thüringen betrifft, richten wir dieses Schreiben sowohl an die Außenstelle in Hannover als auch an die in Erfurt. Wir bitten darum,

     

    • den hier aufgeführten Umständen nachzugehen und für ihre zukünftige Abstellung Sorge zu tragen oder
    • uns im Falle ihrer Unzuständigkeit darüber zu informieren, gegen wen wir dann stattdessen die Dienstaufsichtsbeschwerde richten müssen.

     

    Sowohl die näheren Umstände der vom 18.05. bis zum 21.05. (vorläufiges Datum) anhaltenden schwerwiegenden Betriebsstörung als auch und vor allem der Umgang mit der Störung selbst und den hiervon betroffenen Kunden übersteigen das Maß einer bereits aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre sehr großzügig bemessenen Toleranzschwelle und erfordern nach unserer Auffassung, der auch zahlreiche betroffene Kundinnen und Kunden beipflichten, ein Einschreiten der Aufsichtsbehörde.

     

    Zur Sache:

     

    In den frühen Morgenstunden des 18.05.2024 (Pfingstsamstag und einer der verkehrsreichsten Tage des Jahres) trat eine Störung im Abschnitt Ellrich – Nordhausen der Südharzstrecke Northeim – Nordhausen auf. Dieser Abschnitt wird seit ca. 2 Jahren vom DSTW Göttingen aus ferngesteuert und war keineswegs zum ersten Mal von einer Störung betroffen, die zur Einstellung des kompletten Zugverkehrs zwischen Walkenried (letzter Bahnhof mit klassischer Signaltechnik) und Nordhausen führte. Wie in solchen Fällen üblich, wendeten nach chaotischen Verhältnissen am 18.05. ab Sonntag (19.05.) die Züge in Walkenried auf ihren jeweiligen Gegenzug, was fahrplantechnisch unbedenklich ist und überdies zu guter Pünktlichkeit westlich von Walkenried führt. Zwischen Walkenried und Nordhausen wurde dann ein Bus-Notverkehr eingerichtet. Die Busse benötigen allerdings aufgrund des Ansteuerns aller Stationen nicht wie die Züge ca. 25, sondern mindestens 45-50 Minuten und sind den Unwägbarkeiten des Straßenverkehrs sowie mehreren Umleitungen ausgesetzt. Für die Aufrechterhaltung eines zuverlässigen Stundentaktes wären mithin wenigstens 3 Busse erforderlich gewesen. Tatsächlich fuhr zunächst nur einer.

     

    Während man zunächst die Kunden im Glauben beließ, dass sich die Störung rasch beseitigen ließe, und dies auch u.a. im DB Navigator so kommunizierte („früher Nachmittag“), stellte sich offenbar nach (eingehender?) Prüfung heraus, dass man doch etwas austauschen müsse. Da DB InfraGO zu einer solchen Maßnahme am Pfingstsamstag und erst recht an den beiden Pfingsttagen offenbar nicht in der Lage war oder aus Bequemlichkeit (Wochenende, Feiertage) dies gar nicht erst erwog, wurde die Dauer der Störung flugs auf „mindestens bis 21.05.“ ausgeweitet und ein Bus-Ersatzverkehr angekündigt, wobei ein Bus im Pendel verkehren sollte. Die Angabe „bis 21.05.“ lässt eindeutig den Schluss zu, dass man über Pfingsten nichts tun wollte, da man den ersten Werktag nach Pfingsten als Mindestdatum angesetzt hat. Drei Tage SEV mit allen Belastungen für die Kunden wurden somit wissentlich einkalkuliert.

     

    Das wirft drei Fragen auf:

     

    1. Darf DB InfraGO über die Beseitigung von Störungen „nach Gutsherrenart“ befinden und in eigener Machtvollkommenheit darüber entscheiden, ob Kundinnen und Kunden auch bei offensichtlich behebbaren Problemen tagelang vor beachtliche Probleme gestellt werden?
    2. Wer entscheidet eigentlich bei DB InfraGO darüber, welche Störung beseitigt wird und welche nicht?
    3. Darf DB InfraGO als neuerdings quasi gemeinnützig agierendes Unternehmen nach Gutdünken Bahnstrecken mit immerhin stündlichem Reisezug- und gelegentlichem Güterzugverkehr einfach abhängen? Ist das Unternehmen nicht vielmehr dazu verpflichtet, Störungen umgehend zu beseitigen, um den EVU wieder die Möglichkeit zu verschaffen, ihrer Beförderungsaufgabe nachkommen zu können?

     

    Nach unserer Auffassung hat die DB InfraGO, Niederlassung Leipzig, im vorliegenden Fall sich ganz bewusst dazu entschieden, täglich hunderte von Kundinnen und Kunden des in diesem Fall betroffenen EVU DB Regio AG nicht nur buchstäblich, sondern auch tatsächlich im Regen stehen zu lassen, um die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ihrer Pfingstruhe nicht zu stören. Das ist u.E. ein grober Verstoß gegen die dem Unternehmen obliegenden Pflichten.

     

    Das danach ausbrechende Chaos ist zwar bahntypisch und wäre insoweit nicht der Rede wert, soll aber, da auch hier DB InfraGO federführend agiert hat, in diesem Kontext beschrieben werden, um das Ausmaß der Unfähigkeit und Pflichtvergessenheit, das dort herrscht, abrundend zu beschreiben.

     

    Der über eine weitere DB-Tochter, nämlich die „DB SEV GmbH“, organisierte Ersatzverkehr entsprach nämlich drei Tage lang nicht dem, was zur einigermaßen sinnvollen Aufrechterhaltung der Reiseketten der Kundinnen und Kunden erforderlich gewesen wäre. Vielmehr wurde auch hier nach dem Prinzip „wir sparen, die Kunden zahlen die Zeche“ gehandelt:

     

    • Die Anzahl der bestellten Ersatzbusse war zu niedrig. In Anbetracht des Stundentakts und der Verkehrsverhältnisse wären 3 Omnibusse erforderlich gewesen, um zu jedem ankommenden bzw. abfahrenden Zug einen Busanschluss herzustellen. Die weiterführenden Anschlüsse in Nordhausen wären zwar auch dann dahin gewesen, jedoch hätten die Kundinnen und Kunden nur eine Stunde verloren – so wurden es mindestens 2 Stunden, in einigen Fällen sogar mehr.
    • Die Kommunikation der Ersatzverkehre war geradezu unterirdisch schlecht und übertraf das Maß der gewohnten Schlechtbehandlung so sehr, dass auch dies hier erwähnt werden muss.
      • Eine Einstellung der Fahrzeiten der Ersatzbusse in die Systeme der DB AG erfolgte weder am Samstag noch am Sonntag und auch nicht am Montag. Keiner wusste somit, ob überhaupt und wenn ja wann ein Ersatzbus denn kommen würde. Am Dienstag, also drei Tage nach Störungsbeginn, wurden erstmals Daten kommuniziert und endlich auch ein stündliches Angebot mit Anschluss an die in Walkenried ankommenden Züge bzw. mit der regulären Abfahrtsminute der Züge in Nordhausen eingerichtet. Während man bis dahin in Walkenried schlicht einfach nur warten musste, ob denn mal etwas kommen würde, waren die Fahrgäste auf den Zwischenstationen Ellrich, Woffleben, Niedersachswerfen restlos verraten und verkauft. Für sie gab es tagelang überhaupt keine Informationen – besonders misslich dann, wenn die Haltestelle der Busse, wie in Ellrich oder Woffleben, nicht unmittelbar am Bahnhof liegt.
      • Fahrgäste, die bei rechtzeitiger Kenntnis der Störung noch anders hätten reisen können (z.B. ab Göttingen nach Nordhausen nicht über Walkenried, sondern über Eichenberg), erfuhren dies nicht und fanden sich ohne Information (und ohne Zug und ebenso ohne Bus) auf dem Bahnsteig von Walkenried wieder.
      • Im DB Navigator wurde und wird die Wahrheit ständig verschleiert und erst in allerletzter Minute der Ausfall der Züge bekanntgegeben. So wurde noch in der Nacht vom 20. zum 21.05. stur behauptet, dass am Morgen des ersten Werktags nach Pfingsten die Züge regulär fahren würden. Kunden, die sich nichtsahnend hierauf verlassen haben, standen am Morgen dann ratlos an den Bahnsteigen herum.
      • Auch am 21.05. wurde zunächst behauptet, dass nach 13 Uhr wieder regulär gefahren würde, aber auch dies wurde dann häppchenweise aufgegeben und immer weiter verschoben. Eine brauchbare Reiseplanung war mithin an keinem der (bisher) vier Tage möglich.

     

    An einem der verkehrsreichsten Wochenenden des Jahres wurden die Kundinnen und Kunden der Südharzstrecke wissentlich und ohne Not vor schwerwiegende Probleme gestellt. Sie mussten sich, wie inzwischen bahnüblich, wie weiland Münchhausen am eigenen Schopfe aus dem Bahnservice-Sumpf ziehen und werden das mit ziemlicher Sicherheit mit Abstinenz bei künftigen Bahnreisen quittieren.

     

    Eine Bahn ohne Kunden ist mit Sicherheit einfacher zu führen, man kann sich dann mehr auf den Kern der Zielvereinbarungen wie Frauenquote u.a.m. konzentrieren und muss keinen Gedanken an die Behebung von Störungen und Verspätungsursachen verschwenden. Im Sinne einer dringend gebotenen Steigerung der Fahrgastzahlen oder gar der Gütermengen ist dieses Verhalten sicher nicht. Im Südharz ist es in den letzten Jahren gelungen, die Fahrgastzahlen nicht nur zu stabilisieren, sondern zu steigern. Wir legen größten Wert auf den Erhalt unserer „Südharzstrecke“ und sehen einen derart luschigen und lustlosen Umgang der Niederlassung Südost mit einer Betriebsstörung am Rande ihres Zuständigkeitsbereichs als erhebliche Gefährdung dieses Ziels an. Deswegen sind wir auch nicht mehr gewillt, diesem Treiben der DB InfraGO und hier besonders der Niederlassung Südost weiter tatenlos zuzusehen. Da das Eisenbahn-Bundesamt die Deutsche Bahn AG beaufsichtigt, bitten wir es daher darum, den beschriebenen Fall zu untersuchen und die für das Chaos verantwortlichen Personen über ihre Beweggründe für die katastrophale Vernachlässigung einer doch immerhin als Hauptbahn eingestuften Strecke zu befragen.

     

    Unsere Unterstützer, die von uns vertretenen Kundinnen und Kunden und die örtlichen Medien in Südniedersachsen und Nordthüringen haben wir über diesen Vorgang und unser Schreiben an Sie informiert.

     

    Mit freundlichen Grüßen

    Im Auftrag

     

    Michael Reinboth