News vom 01.05.23 bis 31.05.23
1. Nordhausen: In Thüringen braucht die Deutsche Bahn keine Streiks, um sich überflüssig zu machen (Stand 31.05.2023)
Im Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn stehen die Zeichen wieder mal auf Streik. EVG und GDL sind derart tief in ihre eigenen Machtkämpfe verstrickt, dass sie den Begriff „Kunde“ schon lange aus den Augen verloren haben. Das DB-Management hat die „Kundenzufriedenheit“ als erstrebenswertes Ziel seit dem letzten Jahr schlicht gestrichen. Wann, wie und wo gestreikt wird, wird man kurzfristig erfahren. Dann muss man sich als Fahrgast nach Alternativen umschauen. Vielleicht dauerhaft, indem man zum Autohändler geht.
Über derlei Probleme können Fahrgäste zwischen Nordhausen und Erfurt nur müde lächeln. Für sie herrscht seit Monaten quasi Dauerstreik. Mal wird gar nicht gefahren, mal ein wenig, mal immerhin einen halben Tag lang, dann wieder nicht – und der angebotene „Ersatzverkehr“ mit dem Bus ist dermaßen armselig geplant, dass diese mit rund zweieinhalb Stunden Fahrzeit zwischen Nordhausen und Erfurt völlig indiskutabel sind.
Die DB AG ist inzwischen dermaßen heruntergekommen, dass sie sich nicht einmal mehr die Mühe macht, ihre von erbärmlichen Schlechtleistungen gebeutelten Kunden halbwegs zufriedenzustellen. Insoweit ist der Vorschlag aus dem Nordhäuser Landratsamt, doch bitte bis 2028 (so lange soll die Umrüstung der Strecke auf neue Technik dauern, was auch ein absolutes Armutszeugnis für DB Netz ist) einen vernünftigen Schnellbusverkehr zu organisieren, konsequent und richtig.
Als angenehmen Nebeneffekt würde man dann für immerhin vier Jahre auch den tariflichen Dauerkonflikten bei der Bahn aus dem Wege gehen. Man darf die Verkehrsleistungen der Busse nur nicht an eine DB-Tochter vergeben, dann käme man vom Regen in die Traufe.
Bezeichnend ist freilich auch das Verhalten des Landes Thüringen. Würden derlei armselige Leistungen zwischen, sagen wir, Jena und Gera auftreten oder gar rund um Erfurt, man hätte das zuständige DB-Management vermutlich schon zig Mal eingeladen. Aber hier geht es ja nur um Nordhausen, den lästigen Anhang da oben im Landesnorden, der eigentlich nur die Harmonie der mittelthüringischen Achse stört, wenn er sich mal zu Wort meldet.
Kleine Parallele: Wacker Nordhausen steht im Pokalfinale des Landespokals. Das Endspiel wird aber nicht auf neutralem Boden ausgetragen, sondern auf dem Platz des Finalgegners. Die Missachtung der Interessen Nordthüringens hat sich schon tief in die Gemüter der Thüringerinnen und Thüringer eingenistet. Und genauso verhält es sich auch im Umgang mit den Problemen bei der Bahn. Anstatt mit der Faust auf den Tisch zu hauen und die DB-Manager in den Senkel zu stellen, Verkehrsverträge fristlos aus wichtigem Grunde (dieser wäre die völlig unzulängliche Organisation des Ersatzverkehrs) zu kündigen und eben Druck auf allen Ebenen zu machen, lässt man die Dinge einfach treiben.
Hauptsache, rund um Erfurt und Weimar läuft es rund.
Nicht
alle Signale im Bahn- und Busverkehr in Deutschland stehen derzeit
auf grün. Ganz im Gegenteil: Der ÖPNV ist weiterhin
unterfinanziert, Bund und Länder werden sich nicht einig,
Abbestellungen ab 2024 sind nicht auszuschließen, und das Personal
übt sich wohl auch in den kommenden Wochen in Streiks. Auch bei
„Höchste Eisenbahn“ ist man übrigens der Meinung, dass
Lokführer, Busfahrer, Stellwerker und andere mehr Geld brauchen,
allein schon deswegen, weil sonst die immer größeren Lücken beim
Personal nicht geschlossen werden können. „Dann“, so Michael
Reinboth von der Initiative, „fallen Züge und Busse nicht wegen
der Streiks aus, was ärgerlich genug ist, sondern schlicht deswegen,
weil es an Fahrern mangelt, und das ist noch sehr viel
ärgerlicher.“
Michael Reinboth