News vom 01.02.22 bis 28.02.22

1. Harz: Ein Schild zeigt, was der Harz alles eingebüßt hat (Stand 03.02.2022)
2. Niedersachsen: Kreiensen als Sinnbild der Nahverkehrsmisere in Niedersachsen (Stand 18.02.2022)
3. Download-Empfehlung: Fahrgastzeitschrift „Der Umsteiger“ von PRO BAHN mit ÖPNV-Meldungen aus der hessisch-südniedersächsischen Region (Stand 18.02.2022)
 

1. Harz: Ein Schild zeigt, was der Harz alles eingebüßt hat (Stand 03.02.2022)
Mönchengladbach – Walkenried – einst durchgehend, heute vier Mal umsteigen Das abgebildete Zuglaufschild befindet sich in der Sammlung des Vereins für Heimatgeschichte Walkenried. Wie es dorthin gelangte, sei einmal dahingestellt. Heute bekommt man solche antiquierten Schilder massenhaft im Internet…

Das Zuglaufschild beweist: Bis nach der Wende konnte man ohne Umsteigen aus dem Rheinland und dem Ruhrgebiet in den Südharz kommen
Das früher an den D-Zug-Wagen innen und außen aufgehängte Schild zeigt auf einen Blick, was wir im Harz (denn dem Nordharz geht es da nicht besser) in Sachen Erreichbarkeit mit der Eisenbahn verloren haben.
Mit der Bahnreform 1996 wurde der Fernverkehr der Deutschen Bahn AG als eigenwirtschaftlich zu erbringen übertragen, womit das Ende aller Fernzüge jenseits der ICE-Magistralen eingeläutet wurde, während der Nahverkehr den Ländern übertragen wurde, womit das Schubladen-Klein-Klein der Aufgabenträger seinen verhängnisvollen Anfang nahm. Zwar fahren heute rein rechnerisch mehr Züge auch auf ländlichen Strecken, aber ihre Laufwege sind extrem eingeschränkt, werden an allen möglichen und unmöglichen Stellen gebrochen und die Fahrpläne sind kaum aufeinander abgestimmt.

Die einstige West-Ost-Achse Ruhrgebiet – Northeim – Nordhausen ist hierfür eines der schlechtesten Beispiele.
Gab es, siehe oben, vor der Bahnreform nicht nur diesen, sondern auch noch andere durchgehende D- und Eilzüge, so muss der geneigte Fahrgast heute mindestens in Paderborn Hbf und in Bodenfelde den Zug wechseln.

Wobei Bodenfelde so ziemlich das abschreckendste Beispiel eines Umsteigepunktes ist:

Mitunter kommt ein abermaliger Umstieg in Northeim hinzu. Und wer gar kühn aus einer Großstadt links des Rheines anreisen möchte, hat einen weiteren Umstieg in Duisburg oder Düsseldorf vor der Nase. Die er dann vermutlich schon beim Anblick des Zettels mit der Verbindung voll hat und sich lieber ein anderes Reiseziel aussucht.

Handwerkliche Fehler runden das schlechte Bild ab
Hinzu kommen kapitale handwerkliche Fehler – oder aber ganz bewusst aus den Angeln gehobene Anschlüsse, damit im Verspätungsfall kein Fahrgast reklamieren kann.
Das betrifft auf unserer Strecke die Anschlüsse aus dem Harz an den Regionalexpress RE11 nach Düsseldorf in Paderborn Hbf. Die gab es sogar einmal, mit 5 Minuten Übergang im nicht wirklich großen Bahnhof der Bischofsstadt.
Damit ist es seit einem Jahr und mindestens bis 2023 nun auch vorbei, da der RE11 für zweieinhalb Jahre um Dortmund Hauptbahnhof herum umgeleitet wird – was im Grunde nicht schlimm ist, da er ja immer noch Bochum, Essen, Duisburg ansteuert und sogar in Dortmund-Hörde stoppt – aber man hat die Abfahrt in Paderborn Hbf um genau jene eine Minute vorverlegt, die genügt, um einen Anschluss dort jedenfalls elektronisch aus den Angeln zu heben. Hiergegen gab es zwar Protest der Fahrgäste, der aber die beteiligten Aufgabenträger nicht wirklich gestört hat. Unternommen jedenfalls wurde nichts.
Und inzwischen fallen zahlreiche RE11 wegen der Abellio-Pleite sowieso aus… Anschluss hat man nur dann, wenn der RE11 aus Kassel kommt und in Altenbeken stoppt, da reichen 6 Minuten eben aus.
Leider tun das längst nicht alle RE11, und die es tun, haben keine gescheiten Anschlüsse aus dem Süd- oder Nordharz – NRW denkt von Holzminden und Wehrden aus westwärts, Niedersachsen denkt von Lauenförde oder Holzminden aus ostwärts, dazwischen muss der Kunde halt sehen, wie er klarkommt.

Gebraucht werden bessere Anschlüsse und durchgehende Züge

EIN HARZ, aber auch andere Initiativen, haben mehrfach und durchaus laut auf die Missstände in der Anbindung des Harzes an den Fernverkehr hingewiesen, von denen das obige Beispiel ja nur einen Fall herausgreift.
Bahn- und aufgabenträgerseitig vorgeschlagen wird anstelle des – gar nicht einmal langsameren – direkten Weges über Paderborn der – deutlich teurere – Weg mit dem ICE über Hannover, wo der Anschluss an den „Metronom“ nach Northeim eine regelmäßig wackelige Angelegenheit ist.
Für die Hetzerei in Hannovers völlig überlastetem Hauptbahnhof wird man dann durch eine halbstündige Wartezeit in Northeim „entschädigt“ – ohne Kaffee oder Brötchen, denn der „DB Service-Store“ ist natürlich dicht. Immerhin hat man – noch! – anders als in Kreiensen, wo es drunter und drüber geht und man genauso allein dasteht wie in Bodenfelde, in Northeim bis 18 Uhr einen örtlichen Betreuer.

Was der Harz braucht, sind endlich wieder durchgehende Regionalverbindungen wie Paderborn – Bad Harzburg oder Paderborn – Nordhausen, fahrplantechnisch kein Problem, und/oder mindestens saisonal oder am Wochenende auch durchgehende Fernzüge.

2022 ist das Jahr der Landtagswahlen in Niedersachsen – wie wäre es mit etwas mehr Aktivität in dieser Frage?
Michael Reinboth

2. Niedersachsen: Kreiensen als Sinnbild der Nahverkehrsmisere in Niedersachsen (Stand 18.02.2022)
Das es mit dem ÖPNV in Niedersachsen in der Ägide Weil-Althusmann steil bergab geht, ist mittlerweile eine allgemein anerkannte Tatsache.
Wie steil, vermag an der jüngsten Entscheidung des ZVSN abzulesen, als Ergebnis einer Ausschreibung von Buslinien im Kreis Holzminden die erst vor wenigen Jahren eingerichtete Landesbuslinie zwischen dem prekären, selten funktionierenden Knotenpunkt Kreiensen und der Kreisstadt Holzminden wieder abzuschaffen. Ersatzlos natürlich und unter Verweis auf die Verbesserungen im Schienenverkehr, die ja eines fernen Tages kommen sollen.

Wann, ist völlig offen. Nur eines ist aufgrund der katastrophalen Planungssituation bei der Deutschen Bahn sicher: Nicht so bald. Gut, dass den Streckenausbau nicht DB Station & Service plant - dann kämen die Verbesserungen ja nie. Aber auch so wird es lange dauern.

Und in der Zwischenzeit haben die in Kreiensen strandenden Fahrgäste halt Pech gehabt. Sie müssen, weil LNVG und Verkehrsunternehmen seit Jahren nicht in der Lage sind, für vernünftige und zuverlässige Anschlüsse in Kreiensen vor allem, aber keineswegs nur in der Relation Hannover - Holzminden zu sorgen und sich um gestrandete Fahrgäste zu kümmern, eben wieder wie vordem zwei Stunden warten. Schwarze-Peter-Spiel zulasten der Fahrgäste nennt man das - die einen schaffen den Bus ab, für den es ja auch Landesmittel gab, die anderen schaffen es dafür nicht, den Zugfahrplan zu verbessern.

Mag sein, dass die Fahrgastzahlen nicht so hoch waren wie erwartet. Das lag und liegt sicher auch daran, dass der "Schnellbus" eben nie ein solcher war und in Holzminden keinerlei Anschlüsse bot. Insoweit war er nicht ideal, aber für den gestrandeten Kunden doch besser als nichts. Nun kommt er weg, und an seine Stelle tritt - nichts. Natürlich nichts, muss man angesichts der niedersächsischen Nahverkehrsmisere wohl formulieren.

Das ist so einfach aber nicht hinzunehmen.

Wenn es schon keine Busse mehr gibt und auch keine Züge und wenn es bis zum 01.08.2022 nicht gelingt, für stabile und funktionierende Anschlüsse zu sorgen, dann muss Personal her, welches sich vor Ort um die Fahrgäste kümmert, die nicht weiterkommen, dann muss ein beheizter Aufenthaltsraum her, in dem gestrandete Kunden sich wenigstens menschenwürdig aufhalten können. Die Einstellung des Busses muss Anlass sein, mit Hochdruck an die Verbesserung und Stabilisierung der Anschlüsse zu gehen.
Michael Reinboth

3. Download-Empfehlung: Fahrgastzeitschrift „Der Umsteiger“ von PRO BAHN mit ÖPNV-Meldungen aus der hessisch-südniedersächsischen Region (Stand 18.02.2022)
In der knapp 50seitigen
Fahrgastzeitschrift „Der Umsteiger“ von PRO BAHN erwarten Sie interessante Berichte und Hintergrundinformationen u.a zu den Bahnhöfen Bodenfelde, Kreiensen, Azubi-Ticket NDS, Kasseler Kurve und vieles mehr.

Quelle:
Gerd Aschoff, Vorsitzender PRO BAHN Südniedersachsen e.V., Kurt-Schumacher-Weg 16a, 37075 Göttingen
Tel. 0551 24834 0176 43653910,
www.pro-bahn-suedniedersachsen.de, gerd.aschoff@pro-bahn.de

 

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