News vom 01.03.11 bis 31.03.11

1. Kommentar I zur Tarifrunde der Lokführer: Lokführer-Gewerkschaft vertreibt Kunden in Scharen (Stand: 01.03.2011)
2. Kommentar II zur Tarifrunde der Lokführer: Von der Opferrolle zur Vordenkerrolle (Stand 01.03.2011)
3. Geplante Bauarbeiten Südharzstrecke:  Vorgesehene Verbesserungen im Ersatzverkehr reichen nicht aus (Stand 02.03.2011)
4. Geplante Bauarbeiten Südharzstrecke: DB Netz sieht aus Sicherheitsgründen von Zugfahrten ab - Initiative schlägt SEV-Linie Northeim - Herzberg - Göttingen vor(Stand 03.03.2011)
5. Deutsche Bahn lässt in der Streikwoche Reisende zählen (Stand 05.03.2011)
6. Streckensperrung im Südharz - Deutsche Bahn hat bis heute keine SEV-Verbesserungen umgesetzt (Stand 10.03.2011)
 7. „Höchste Eisenbahn“ begrüßt Verbesserung der Baufahrpläne (Stand 15.03.2011)
8. Alle Jahre wieder - Phantasielose Preiserhöhungen beim VSN
Der Verkehrsverbund Süd-Niedersachsen (VSN) erhöht zum 1. April 2011 seine Fahrpreise um durchschnittlich 2,3 %. Betroffen hiervon sind praktisch alle Angebote, die es in diesem Verkehrsverbund gibt
(Stand 23.03.2011)
9. Südharzstrecke: Noch mehr Bauarbeiten und Ersatzverkehre
(Stand 26.03.2011)
10. Nordhausen: 10 Tage unnötiger Schienenersatzverkehr wegen einer Weiche (Stand 28.03.2011)
11. Kommentar III zur Tarifrunde der Lokführer: Die Sicht eines Lokführers (Stand 28.03.2011)
12. Kommentar IV zur Tarifrunde der Lokführer: Die Argumente der GdL passen einfach nicht zusammen (Stand 31.03.2011)

1. Kommentar I zur Tarifrunde der Lokführer: Lokführer-Gewerkschaft vertreibt Kunden in Scharen (Stand: 01.03.2011)
Für die Durchsetzung ihrer Ziele ist die Gewerkschaft der Lokomotivführer (GdL) ganz offensichtlich bereit, die Bahnkunden in Scharen in andere Verkehrsmittel zu vertreiben. Zwei Warnstreiks haben hier bereits erfolgreiche Ansätze gezeigt – so erfolgreich, dass die GdL diesen Weg wohl unbeirrt fortsetzen wird.

Als nächste passende Gelegenheit bietet sich hier die CeBIT in Hannover an. Hier kann man mit geringem Aufwand zehntausende von Kunden treffen und zudem der deutschen Volkswirtschaft empfindlichen Schaden zufügen. 

Die GdL mit ihrem außer Rand und Band geratenen Vorsitzenden Weselsky ist auf dem besten Wege, den Ast, auf dem sie sitzt, vollständig abzusägen. Der im real existierenden Sozialismus mit einem Quasi-Reichsbahnmonopol aufgewachsene Gewerkschaftschef begreift ganz offensichtlich nicht, dass es hierzulande Alternativen zum Bahnverkehr gibt. Einen Verkehrsträger, der mit einem Anteil von knapp 10 % am Personen- und 20 % am Güterverkehr jeden Tag um seine Zukunft ringt, kann man mit Streiks a la GdL ziemlich mühelos vollends aus dem Rennen katapultieren. Zuerst wird es, wie immer, den ländlichen Bereich treffen, wo die Bereitschaft, den eigenen Pkw zu nutzen, wesentlich höher ausgeprägt ist als in Ballungsräumen.  

Die Bundesregierung bereitet derzeit die völlige Freigabe des Fernbus-Linienverkehrs vor und will Großversuche mit den „Giga-Linern“ auf den Weg bringen. Beides wird einen Teil der Kundschaft vom Verkehrssystem Eisenbahn abziehen. Wer, wie die GdL, innerhalb weniger Jahre zum zweiten Mal großflächig den Betrieb lahmlegt, leistet dieser Tendenz Vorschub. So wird sich wohl ein Teil der heute fahnenschwenkend durch die Bahnhofshallen ziehenden Lokführer demnächst auf dem Arbeitsmarkt finden und alsdann als Lkw- oder Busfahrer arbeiten – in beiden Fällen übrigens zu deutlich schlechteren Arbeits- und Lohnbedingungen als heute. 

Mit seiner Sturheit erweist Weselsky der Eisenbahn und seinen Kollegen einen Bärendienst. Machtproben dieser Art, wie er sie offensichtlich anstrebt, sind bis dato am Ende immer zu Lasten der Streikenden ausgegangen. Man spürt es in den Bahnhöfen und auf den Bahnsteigen: Anders als noch 2007/2008 haben die Reisenden heute kein Verständnis mehr für das Machtgehabe, denn sie wissen, dass  aus Gründen der Wirksamkeit das Unternehmen bestreikt wird, welches schon heute als Maßstab für den angestrebten Einheitstarif gilt, die Deutsche Bahn nämlich. Dies ist in Wahrheit „perfide“, um eine Weselskysche Vokabel zu gebrauchen. Es ist andererseits folgerichtig, denn die Lokführer der DB sind weitgehend vor Kündigungen geschützt. Da streikt es sich noch mal so gut! Um dem Streik bei der DB einen Anschein von Berechtigung zu verleihen, schraubt man die Lohnforderung dort ein wenig höher als es die feindliche Gewerkschaft EVG getan hat, und hat flugs ein Streikargument zur Hand. Nur über diesen Umweg geht es ja überhaupt. 

Man muss mit vielem, was die Deutsche Bahn treibt, nicht unbedingt einverstanden sein. Fehler wurden und werden gemacht, auch und gerade im Umgang mit den Kunden. Auch im Unternehmen haben viele Manager den Schuß noch nicht gehört und sitzen auf einem hohen Roß, ohne zu merken, dass es unter ihrem Sattel bereits entschwunden ist. Auf einem noch höheren Roß sitzt Herr Weselsky. Die Tatsache, dass so viele Lokführer ihm blindlings folgen, kann man bestaunen, sie macht einen ob der Marktlage und des drohenden weiteren Wettbewerbs aber auch fassungslos. Da mag auch Frust und Enttäuschung mitschwingen, zumal bei den ehemaligen Reichsbahn-Lokführern, die in alle Winde zerstreut sind und sich heute in München, Stuttgart oder Köln wiederfinden. 

Allerdings: Sie haben Arbeit, obwohl es in ihren Stammlanden längst nicht mehr so viel zu fahren gibt. Und diese Arbeit setzen sie nun bereitwilligst aufs Spiel. Für ein höchst interessantes Ziel: Egal, wo und wann und bei welcher Firma, jeder Lokführer soll exakt das gleiche Geld verdienen – eine einmalige Forderung. Man denke sich dieses Prinzip auf andere Branchen übertragen vor.  

Herr Weselsky tönt derweil von gelben und roten Karten, die er den Unternehmen zeigen will. Die Kunden haben die gelben und roten Karten schon längst in der Hand. Sie werden sie über kurz oder lang Herrn Weselsky und den Seinen zeigen. Das Erwachen wird bitter sein. Auch für viele tausend „Kollegen“ der GdL, die in anderen Bereichen der Bahnen arbeiten und ihre Arbeitsplätze ebenfalls verlieren werden. 

Wir Kunden sagen jedenfalls schon heute: Von Claus Weselsky haben wir die Schnauze gestrichen voll.
Michael Reinboth

2. Kommentar II zur Tarifrunde der Lokführer: Von der Opferrolle zur Vordenkerrolle (Stand 01.03.2011)
Vor mittlerweile drei Jahren verkündete Nokia die Produktionsverlagerung ihrer Handys von Deutschland nach Rumänien. Als damalige Gründe wurden die hohen Löhne in Deutschland genannt. Der Lohnkostenanteil betrug fünf Prozent der Produktionskosten. Dies war den Managern zuviel, da in Rumänien nur ein Bruchteil davon gezahlt werden musste. Vor lauter Konzentration auf den marginalen Anteil der Lohnkosten hat sich Nokia nicht um die Ursache seiner Probleme gekümmert. So produzierte Nokia am Markt vorbei und steht aktuell vor der Ursache seiner Krise.
Was hat diese Tarifrunde der Bahn mit dem Fall Nokia zu tun? Auch bei der Bahn machen die Lohnkosten nur einen Bruchteil der Gesamtkosten aus. Nach Untersuchungen „Der Nahverkehr 3/2008“ entfallen 10% der Kosten auf Lokführer und Zugbegleiter. Auch in dieser Tarifrunde werden die Blicke der Bahnmanager, wie bei Nokia, auf den marginalen Anteil der Lohnkosten gelenkt. Das Wesentliche für uns Kunden und die Kostentreiber werden ausgeblendet und nicht erwähnt. Wir Bahnkunden möchten doch nur, dass die Verantwortlichen der Bahnen aus Ihrer Opferrolle ausscheren und zu Vordenkern werden. Dann hätten wir auch bald wieder funktionierende Klimaanlagen, Pünktlichkeit, Sicherheit und vielleicht noch mehr Bahnverkehr.
Und noch eine Statistik: Die Verspätungen, die ich als Bahnkunde erlitten habe waren zu 99,99% nicht streikbedingt.
Burkhard Breme

3. Geplante Bauarbeiten Südharzstrecke:  Vorgesehene Verbesserungen im Ersatzverkehr reichen nicht aus (Stand 02.03.2011)
„Die von der Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) aufgrund unserer Vorschläge und diverser Interventionen aus dem politischen Raum angekündigten Verbesserungen im Ersatzfahrplan während der sechswöchigen Bauphase auf der Südharzstrecke Northeim – Nordhausen sind zu begrüßen – sie reichen jedoch keineswegs aus, um die Belastung für die Reisenden in dieser Zeit in den Grenzen zu halten, die kundenorientiertes Denken und Verhalten normalerweise erwarten lassen würden.“

Michael Reinboth von „Höchste Eisenbahn für den Südharz“ freut sich darüber, dass einige der Anregungen der Initiative aufgegriffen werden. Freilich: Wie genau der überarbeitete Fahrplan in den sechs Bauwochen aussieht, kann man nicht bewerten, da er derzeit noch nicht abgerufen werden kann. Reinboth ist andererseits keineswegs zufrieden mit dem, was die Bahn nun offenbar anbieten will. „Schnelle Busse nach Göttingen und eine Verlegung des Umsteigepunktes von Walkenried nach Barbis sind Schritte in die richtige Richtung, sie ändern aber nichts an der Tatsache, dass bestimmte Kundengruppen sechs Wochen lang in ihrer Mobilität sehr stark beeinträchtigt werden. Sie ändern vor allem nichts daran, dass der grundsätzlich mögliche Zugverkehr auf einem Gleis zwischen Herzberg und Northeim nicht durchgeführt wird, weil man hier weiterhin zu Lasten der Kunden Geld sparen will.“

Mit Barbis schlage, so Reinboth, die Bahn zudem mehrere Fliegen mit einer Klappe. Sie ist einerseits das Problem los, dass die Fahrzeiten der Busse zwischen Walkenried und Herzberg aufgrund der vielen 30 km/h-Abschnitte nicht einzuhalten sind, und kann andererseits aufgrund der deutlich kürzeren Fahrzeit der Züge in Herzberg quasi automatisch wieder bessere Anschlüsse bieten. Es sei schon erstaunlich, dass man solche Lösungen erst auf Druck der Öffentlichkeit ins Auge fasse.

Tarifliches Entgegenkommen und Einsatz geeigneter Busse gefordert

In der Bauphase fordert „Höchste Eisenbahn“ zusätzlich zu den nunmehr wohl umgesetzten Erleichterungen ein tarifliches Entgegenkommen der Bahn. „Das Auskunftssystem empfiehlt in der Bauphase, für Fahrten aus dem Südharz nach Göttingen oder Hannover den Weg über Nordhausen und Eichenberg zu nehmen. Das „Niedersachsen-Ticket“ wird hier natürlich nicht anerkannt. Während der Bauphase könnten wir uns durchaus vorstellen, dass es hiervon eine befristete Ausnahme gibt und das Reisen via Nordhausen und Eichenberg mit dem Ticket akzeptiert wird“ führt Reinboth aus. Diesen Vorschlag will man angesichts des offensichtlichen Unwillens der Bahn, eingleisig zu fahren, noch einmal an LNVG und DB herantragen.

Für den Ersatzverkehr mit Bussen fordert „Höchste Eisenbahn“ geeignete Fahrzeuge. „Es dürfen nicht irgendwelche Busse verkehren, sondern solche, bei denen das Ein- und Aussteigen erleichtert wird und in denen die Mitnahme von Gehhilfen und Kinderwagen problemlos möglich ist“ fordert Reinboth. So sollten Omnibusse mit „Kneeling“-Funktion eingesetzt werden, bei denen die Kunden niveaugleich ein- und aussteigen können. Zudem sollte die Bahn in der Bauphase sowohl in Barbis wie später in Herzberg Personal vorhalten, welches den Kunden beim Umsteigen behilflich ist, und dies auch und gerade in Tagesrandlagen und an Wochenenden.

„Das sind an und für sich Selbstverständlichkeiten, doch wissen wir aus Erfahrung, dass die Bahn hier – im Gegensatz zu anderen Schienenverkehrsunternehmen – den niedrigsten möglichen Service anbietet und die Kunden mit ihren Problemen allein lässt. Sie optimiert ihre Kosten auf dem Rücken der Kunden. Deswegen legen wir hier noch einmal nach und hoffen darauf, dass die Bahn sich wenigstens bezüglich des Service während der Bauarbeiten eines besseren besinnt.“
Michael Reinboth

4. Geplante Bauarbeiten Südharzstrecke: DB Netz sieht aus Sicherheitsgründen von Zugfahrten ab - Initiative schlägt SEV-Linie Northeim - Herzberg - Göttingen vor(Stand 03.03.2011)
In einem Gespräch mit der Initiative sprach sich Udo Diedrich, Leiter Regionalnetz Harz-Weser der DB Netz AG, aus Sicherheitsgründen gegen Zugfahrten mit 16 Sicherungsposten aus. Die Erfahrungen der Bauarbeiten aus dem Jahre 2008, bei denen eingleisiger Zugverkehr durchgeführt wurde, haben zu einigen sicherheitskritischen Situationen geführt. So haben manche Autofahrer "Wilde Sau" gespielt, weil ihnen die Wartezeiten zu lang erschienen und trotz Absperrung weiterfahren wollten. Der Sprecher der Initiative, Burkhard Breme, kann diesen Punkt nachvollziehen, da er selbst schonen Zeuge von solchen Aktionen bei den Bahnabsperrungen im Raum Bad Lauterberg Osterhagen wurde. Nach Meinung der Initiative dürfte jedoch das Fehlverhalten vereinzelter Verkehrsteilnehmer nicht zu Lasten der Bahnfahrer gehen. Deswegen müssten den Reisenden erträgliche Alternativen für ihre Fahrten angeboten werden. Der geplante Schienenersatzverkehr (SEV) ist davon jedoch noch sehr weit entfernt. Falls aus Sicherheitsgründen keine Züge verkehren können, muss eine "intelligente" Busersatzverbindung eingerichtet werden. Hierzu schlägt die Initiative die stündlich durchgehende Route Northeim - Wulften - Hattorf - Herzberg - Göttingen und zurück vor. Durch diese Direktbusse hätten auch Hattorfer und Wulftener Reisende nach Göttingen erträgliche Fahrzeiten ohne Umstiege und lange Wartezeiten in Northeim.
Burkhard Breme

5. Deutsche Bahn lässt in der Streikwoche Reisende zählen (Stand 05.03.2011)
Drei Warnstreiks in zwei Wochen, unbefristete Streiks vor der Tür: Die Fahrgäste sind verunsichert, die Anrufe, ob die Züge denn auch fahren, häufen sich, viele Kunden stornieren oder verschieben ihre Fahrten. Wo die Züge, wie auf der Südharzstrecke, dennoch rollen, sind sie verspätet und es fehlen ihnen die Fahrgäste der Anschlusszüge, die ausgefallen sind. Zudem finden zwischen Erfurt Hbf und Erfurt Nord umfangreiche Bauarbeiten mit wochenlanger Streckensperrung statt, was sich jedenfalls auf die Zahl der Reisenden zwischen dort und dem Südharz auswirkt.

Dies alles ist für die DB Regio kein Grund, auf die Zählung der Reisenden zu verzichten. Als ob nichts wäre, fuhren in dieser Woche die Zähler mit, notierten Ein- und Aussteiger und die Zahl der in den Zügen Mitfahrenden.

Inwieweit das Tarifangebot der Bahn aus dem Tollhaus kommt, wie der Vorsitzende der GDL behauptet, können wir nicht beurteilen. Dass die Streiks massiv zur Verunsicherung und zur Abwanderung von Fahrgästen führen, schon eher. Dass die Deutsche Bahn in dieser Situation nichts Besseres zu tun hat, als Fahrgäste zu zählen, ordnen wir in die Kategorie „Unmöglich“ ein. Was will man damit erreichen? Uns und der LNVG anschließend mitteilen, dass leider, leider die Zahl der Fahrgäste nicht zugenommen hat?

Wir dürfen uns nicht wundern, wenn im April und Mai während der Bauarbeiten auch gezählt wird und die Zählkräfte in den Bussen mitfahren.
Michael Reinboth

6. Streckensperrung im Südharz - Deutsche Bahn hat bis heute keine SEV-Verbesserungen umgesetzt (Stand 10.03.2011)
Vor mehr als einer Woche hatte die Deutsche Bahn als Reaktion auf die Kritik zur sechs Wochen langen Streckensperrung einige Verbesserungen im Schienenersatzverkehr (SEV) angekündigt, darunter die Ausweitung des Zugverkehrs bis Bad Lauterberg-Barbis anstelle von Walkenried und den Einsatz einiger direkter Busse zwischen Herzberg und Göttingen und zurück.

Doch auch von diesen minimalen Veränderungen zugunsten ihrer Kunden ist bis heute noch nichts nachzulesen. Im Internet finden sich unter dem Stichwort „Baustellen“ noch immer die alten, völlig unzulänglichen Busfahrpläne. Dabei sollen die Arbeiten schon in wenigen Wochen beginnen – höchste Zeit mithin, die Änderungen den Kunden bekannt zu machen.

„Höchste Eisenbahn“ bleibt daher skeptisch. „Es wäre nicht das erste Mal, dass auf Ankündigungen dann doch nichts kommt“ merkt Michael Reinboth von der Initiative an. Er bemüht sich seit Tagen, mehr über die angekündigten Änderungen in Erfahrung zu bringen – bislang vergeblich.

„Es hat den Anschein, dass die Deutsche Bahn weiterhin versucht, die Bauarbeiten zu den geringst möglichen Kosten und damit praktisch vollständig auf dem Rücken der Kunden durchzuführen“ meint Reinboth. Ein Grund für die verzögerte Bekanntgabe könnte allerdings auch in der Einbindung aller verfügbaren Mitarbeiter in Maßnahmen zur Reduzierung der Schäden der Streiks der Lokomotivführer sein. Für nicht fahrende Züge müssen ggf. auch Ersatzfahrpläne erarbeitet werden.

Wird die Baumaßnahme noch abgeblasen?

In den Bereich des Möglichen rückt auch ein Abblasen der Bauarbeiten. Sollte es zu massiven Streiks im Güterverkehr kommen, wären Verzögerungen bei der Produktion von Schienen, Weichen und Schwellen ja nicht auszuschließen. Und dies könnte eine Menge Termine bei der Bahn ins Rutschen bringen.
Michael Reinboth

7. „Höchste Eisenbahn“ begrüßt Verbesserung der Baufahrpläne (Stand 15.03.2011)
Die Initiative „Höchste Eisenbahn für den Südharz“ hat die seit dem 14. März verfügbaren geänderten Baufahrpläne für die Strecke Northeim – Nordhausen analysiert und einige Verbesserungen festgestellt.

Vor allem in der vorgesehenen ersten Bauphase vom 17. April bis zum 1. Mai hat es merkliche Veränderungen gegeben. So werden die Züge nun von Nordhausen bis zum Haltepunkt Bad Lauterberg-Barbis durchfahren und nicht bereits in Walkenried wenden. Der Umstieg in die Omnibusse nach Northeim erfolgt nun in Barbis. Dies erspart den Reisenden zum einen eine halbe Stunde Busfahrt und sorgt zudem dafür, dass sich in Herzberg die Anschlüsse nach und von Osterode am Harz und Braunschweig deutlich verbessern.

Von Osterode nach Northeim gibt es nun stündliche gute Übergänge in beiden Richtungen. Nach und von Walkenried gibt es in den Hauptverkehrszeiten ebenfalls stündliche schnelle Anschlüsse, ansonsten bestehen diese alle 2 Stunden.

Um dies zu ermöglichen und auch in Northeim vernünftige Anschlüsse nach und von Göttingen und Hannover zu erhalten, muss während der zwei genannten Wochen vom reinen Stundentakt abgewichen werden. Züge und Busse verkehren in den geraden und ungeraden Stunden in unterschiedlichen Zeiten. In Nordhausen bleiben aber alle Anschlüsse nach und von Erfurt und Halle bestehen.

Auch die angekündigten zusätzlichen Direktbusse zwischen Herzberg und Göttingen sind im Plan enthalten und bieten Pendlern einige passable Verbindungen – auch für solche, die aus Osterode oder Walkenried in Richtung Oberzentrum wollen.

In der Phase 2 der Bauarbeiten verkehren die Züge wie vorgesehen im Stundentakt zwischen Nordhausen und Herzberg. Der Busverkehr zwischen Herzberg und Northeim erfolgt auch im Taktfahrplan, ergänzt um 4 direkte Busse zwischen Herzberg und Göttingen und zurück.

Fahrpläne müssen durch Serviceleistungen ergänzt werden

Man müsse sich wohl oder übel mit den sechswöchigen Bauarbeiten abfinden, meint Michael Reinboth von der Initiative, obgleich man dort immer noch davon überzeugt ist, dass es auch in kürzerer Zeit ginge und dass vor allem Züge auf einem Gleis verkehren könnten. Die Busfahrpläne sind nun besser, aber für bestimmte Kundengruppen gibt es dennoch schwerwiegende Einschränkungen. Deswegen fordert man bei „Höchste Eisenbahn“ in Ergänzung zu den nachgebesserten Plänen einen erhöhten Service während der Bauphase. Zum einen sollten ausschließlich Niederflur-Omnibusse zum Einsatz kommen, um einen mit den Triebwagen vergleichbaren Ein- und Ausstieg zu ermöglichen, zum anderen möchte die Initiative in Barbis bzw. später in Herzberg einen Servicemitarbeiter der Bahn sehen, der beim Umsteigen hilft und Fahrgäste berät. Im Falle von Barbis könnte dieser Service auch von einem Zugbegleiter wahrgenommen werden, da der Triebwagen dort ohnehin wendet und in dieser Zeit ein Bus abfährt und einer ankommt.

Über der gesamten Maßnahme schwebt freilich das Damoklesschwert des unbefristeten Streiks der GDL-Lokomotivführer, der sowohl die Bauarbeiten wie auch den Ersatzfahrplan durcheinander bringen könnte. Pendler aus Herzberg hätten dann aber immerhin die Chance, mit einem SEV-Bus problemlos nach Göttingen zu kommen…
Michael Reinboth

8. Alle Jahre wieder - Phantasielose Preiserhöhungen beim VSN
Der Verkehrsverbund Süd-Niedersachsen (VSN) erhöht zum 1. April 2011 seine Fahrpreise um durchschnittlich 2,3 %. Betroffen hiervon sind praktisch alle Angebote, die es in diesem Verkehrsverbund gibt
(Stand 23.03.2011)
Die Höhe der Preisanhebung und das Datum – ein Jahr nach der letzten Runde – sind für sich betrachtet nichts Besonderes. Der VSN ist seit seiner Gründung durch nichts anderes als ständige Preisanhebungen aufgefallen, die jetzige zählt da eher zu den unauffälligen Runden.

Aber wieder einmal bleibt es bei der simplen Anhebung der Fahrpreise, ohne dass auch nur ansatzweise zu erkennen wäre, wie der VSN neue Fahrgäste gewinnen will. Einzige Neuerung ist die Möglichkeit, Tages- und Kleingruppenkarten künftig im Vorverkauf erwerben zu können – etwas, was zum Beispiel beim Niedersachsen-Ticket schon sehr lange funktioniert. Billiger werden die Karten im Vorverkauf auch nicht.

Ansonsten: Fehlanzeige. Kein Angebot für Senioren, kein Angebot für Schwachlastzeiten, kein Angebot für Touristen, keine Änderung der Mitnahmeregelung, die in ihrer heutigen Form im Landkreis Osterode praktisch ohne Wert ist. Im neuen Angebot „Firmen-Abo“ ist diese ohnedies schwache Regelung nochmals verschlechtert worden.

„Die Landesnahverkehrsgesellschaft hat in ihrem Konzept 2013+ schlüssig nachgewiesen, dass es vor allem im Markt des Gelegenheits- und Freizeitverkehrs neue Kunden zu gewinnen gibt. Für diesen Markt scheint sich der VSN überhaupt nicht zu interessieren. Er ist und bleibt ein phantasieloses Preiserhöhungskartell ohne jeden Ansatz, sich neuen Kundengruppen zuzuwenden“ kommentiert man bei der Initiative „Höchste Eisenbahn für den Südharz“ die Preisrunde, die nach dem Motto „same procedure than every year“ stattfindet. Bei „Höchste Eisenbahn“ hofft man, dass die LNVG bei ihrem Bemühen, einen niedersachsenweiten Preis zu etablieren, wenigstens im Schienenverkehr etwas Sinnvolles auf die Beine stellt. Das VSN-Preiskartell ist hierzu offensichtlich weder willens noch in der Lage.
Michael Reinboth

9. Südharzstrecke: Noch mehr Bauarbeiten und Ersatzverkehre (Stand 26.03.2011)
Während die Bauarbeiten im niedersächsischen Teil der Strecke Göttingen – Northeim – Nordhausen seit geraumer Zeit bekannt sind und die Ersatzmaßnahmen hierfür inzwischen einen vertretbaren Umfang bekommen haben, hat man sich auf der thüringischen Seite der Strecke nun ebenfalls zu Bauarbeiten entschlossen, die denen in Niedersachsen zeitlich sogar noch vorangehen.

Im Ergebnis aller Baumaßnahmen ist nun zwischen dem 5. April und 27. Mai 2011 praktisch kein durchgehender Zugverkehr zwischen Northeim und Nordhausen möglich – eine nach Auffassung der Initiative „Höchste Eisenbahn für den Südharz“ viel zu lange Zeitspanne. „Fast 8 Wochen lang müssen die Fahrgäste mit Provisorien, mehrfachem Umsteigen und erheblich längeren Fahrzeiten sowie Anschlussverlusten rechnen. Im Lichte der nun bekannt gewordenen Bauarbeiten in Thüringen wäre es erst recht sinnvoll gewesen, zwischen Herzberg und Northeim auf einem Gleis Züge verkehren zu lassen. Mit keinem Wort hat die Bahn die am anderen Streckenende geplanten Maßnahmen erwähnt, als wir im Februar unser Anliegen vorgebracht haben. Dies zeigt erneut, dass der Deutschen Bahn Netz die Kunden vollkommen egal sind“ meint Michael Reinboth von „Höchste Eisenbahn“ zu den neuerlichen Problemen.

Grund für die offenbar sehr kurzfristig anberaumten Arbeiten im Osten ist die Erneuerung von Weichen im Westkopf des Bahnhofs Nordhausen, der nicht nur die Südharzer Züge, sondern auch alle Züge nach und von Kassel und Erfurt zu einer Zwangspause verurteilt. Im Zeitraum vom 5. bis 14. April muss, wer nach Erfurt will, zunächst von Niedersachswerfen bis Nordhausen und ab dort wieder bis Wolkramshausen mit dem Bus fahren. Am Ende der Arbeiten werden die Züge wohl wieder schneller als gegenwärtig, wo 30 km/h vorgeschrieben sind, in Nordhausen ein- und ausfahren.
Michael Reinboth

10. Nordhausen: 10 Tage unnötiger Schienenersatzverkehr wegen einer Weiche (Stand 28.03.2011)
Im April wird der "Westkopf" des Bahnhofs Nordhausen erneuert - so weit, so gut. Wegen der umfangreichen Bauarbeiten werden alle Züge aus Richtung Kassel und Erfurt durch Busse ab Wolkramshausen ersetzt, zurück natürlich auch.
Die Züge nach und von Northeim befahren im Westkopf des Bahnhofs genau eine Weiche, das Gleis dahinter wurde bereits erneuert. Dennoch sind auch für diese Züge Busverkehre über den gesamten Zeitraum von 10 Tagen hinweg vorgesehen!
10 Tage Busverkehr (mit jede Menge verpasster Anschlüsse) für eine einzige Weiche, das finden wir von "Höchste Eisenbahn für den Südharz" reichlich übertrieben. U.E. könnten wenigstens die Northeimer Züge während der Arbeiten weitgehend unbehelligt verkehren. Die Deutsche Bahn macht es sich wieder einmal sehr bequem und mutet den Kunden Umstiege und längere Fahrzeiten sowie verpasste Anschlüsse zu, obgleich es in diesem Falle mit absoluter Sicherheit anders ginge.
Es sei denn, es käme die "große Lösung" und die Züge aus Northeim könnten zukünftig unmittelbar an den Hausbahnsteig fahren, die Fahrgäste hätten sofort Schutz bei Regen und Schnee (das Gleis ist derzeit außer Betrieb): Aber so viel Kundenorientierung trauen wir der Bahn nicht zu.
Michael Reinboth

11. Kommentar III zur Tarifrunde der Lokführer: Die Sicht eines Lokführers (Stand 28.03.2011)
Im 530. Newsletter haben die beiden Sprecher der Initiative mit je einem Kommentar schon unterschiedliche Sichtweisen zum Tarifkonflikt der GDL mit den Arbeitgebern der Bahnen dargelegt. Mit dem folgenden Beitrag möchte ich die die Angelegenheit aus Sicht eines Lokführers darstellen.

In der Presse werden zum Tarifkonflikt meist nur die finanziellen Forderungen der GDL genannt. Meine und die Sorgen meiner (DB-Regio Nord)-Kollegen sind andere. Zum Ende letzten Jahres haben wir den "Bremer Stern" an die NordWestBahn (NWB) verloren. Ca. 300 Arbeitsplätze sind verloren. Nur etwa zehn unserer Kollegen wurden vom neuen Arbeitgeber übernommen. Warum auch, das Arbeitsamt bezahlt die Ausbildung für neue Arbeitskräfte und für zwei Jahre 30% Lohnkostenzuschuss. Da sind erfahrene Eisenbahner einfach zu teuer. Der Steuerzahler bezahlt es ja. Ende diesen Jahres werden um Bremen noch einmal rund 50 Arbeitsplätze verloren gehen weil noch zwei Strecken an die NWB gehen. Und das "Heide-Kreuz" wird ebenfalls Ende diesen Jahres an die Osthannoversche Eisenbahn (OHE) gehen. Hier sind es knapp 100 Arbeitsplätze. Mal sehen ob hier mehr Mitarbeiter übernommen werden.
Die Kollegen der Heidebahn sind ein ähnlicher "Familienbetrieb" wie beispielsweise die Northeimer. Schlimm wenn so etwas zerschlagen wird.
DB Regio hat in Niedersachsen/Bremen bisher keine Ausschreibung gewonnen. Entweder waren wir zu teuer, und wenn wir mal das günstigste Gebot abgeben haben waren es angeblich Dumping Preise (Hanse-Netz).
Sollte die HarzWeserBahn Ende 2014 an einen anderen Betreiber gehen kann ich nach 25 Jahren als Lokführer in Northeim mit 51 Jahren meine Koffer packen. Meine Frau würde es dann bereits zum dritten Mal treffen.
Im Bundesrahmentarifvertrag der GDL soll ein Übergang des Fahrpersonals bei einem Betreiberwechsel geregelt werden. Das heißt: Der neue Arbeitgeber muss das vorhandene Personal übernehmen. Für mich ist das inzwischen die wichtigste Forderung. Die andere Gewerkschaft hat in ihrem Tarifvertrag nur die Aussage das der neue Betreiber mit dem alten kooperieren soll. Das kann alles oder nichts heißen.
Natürlich könnte auch der Aufgabenträger Arbeitsbedingungen und Löhne in der Ausschreibung vorschreiben. Beim Bremer Stern hat er Mindestlöhne in der Ausschreibung vorgeschrieben: 1430,- € für Lokführer und 985,- € für Zugbegleiter, brutto wohlgemerkt. Und das bei täglich wechselnden Arbeitszeiten, Wochenend- und Feiertagsdienst. Wie man davon in und um Bremen eine Wohnung mieten und von dem Rest leben kann ohne auf Wohngeld und Heizkostenzuschuss angewiesen zu sein weiss ich nicht. Wohngeld und Heizkostenzuschuss würde aber wieder der Steuerzahler übernehmen.
Beim Fußball wechselt man, wenn eine Mannschaft nicht die gewünschte Leitung bringt, den Trainer aus. Bei den Eisenbahnen ist es anders herum. Wobei ich aber nicht sagen kann das die Arbeit der Eisenbahner an der Basis, also des Zugpersonals, schlechte Arbeit ist. Weder in und um Bremen, in der Heide oder zwischen Harz und Weser. Letztendlich fühlt man sich machtlos den Vergabeverfahren ausgeliefert. Bleibt nur die Hoffnung beim eigenen Vergabeverfahren das Glück zu haben seine Arbeit behalten zu dürfen.
Torsten Bergmann
Ortsgruppenvorsitzender der GDL Ortsgruppe Northeim

12. Kommentar IV zur Tarifrunde der Lokführer: Die Argumente der GdL passen einfach nicht zusammen (Stand 31.03.2011)
Auch wenn man an den Gedanken von Torsten Bergmann das eine oder andere durchaus nachvollziehen und auch mittragen kann, schlüssig ist seine Argumentation keineswegs. Nimmt man den einen oder anderen Hinweis von Burkhard Breme auf und stellt ihn den Thesen von Torsten Bergmann gegenüber, wird es erst recht unstimmig.

1. Die DB Regio verliert Aufträge, weil die anderen Bahnen ihren Lokführern so wenig zahlen

Laut Burkhard Breme machen die Löhne der Lokführer nur einen Bruchteil der Gesamtkosten aus (weswegen sie seiner Meinung nach auch ruhig angehoben werden können). Trassenpreise, Energiekosten, Abschreibung auf Fahrzeuge oder deren Anmietkosten, Reinigungskosten… dies alles zusammen fließt in den Kalkulationspreis ein, der bei Ausschreibungen verwendet wird. Demzufolge kann Torstens These, dass die DB ihre Ausschreibung regelmäßig wegen der Lohnkosten verliert, nicht stimmen.

2. Die Lohnkosten der anderen Bahnen liegen bis zu 30 % unter der DB Regio

Laut GdL liegen 90 % der Lokführer bereits auf einem vergleichbaren Lohnniveau. Dies führt die Gewerkschaft immer dann selbst als Argument ins Feld, wenn sie die Verweigerung von Drittbahnen als nicht nachvollziehbar darstellen will. Also zahlen jedenfalls etliche Wettbewerber einen Lohn, der dem der DB Regio durchaus vergleichbar ist.

3. Die DB Regio zahlt die höchsten Löhne. Sie zu bestreiken ist daher im Zusammenhang mit dem Rahmen-Tarifvertrag völlig unsinnig

Wenn es darum geht, die Wettbewerber an das Lohnniveau der DB heranzuführen (welches, wie erwähnt, laut GdL ja schon für 90 % gilt), dann macht es überhaupt keinen Sinn, die DB zu bestreiken. Es träfe ja hier den völlig Falschen. In Tat und Wahrheit wird die DB deswegen bestreikt, um der Forderung insgesamt mehr Druck zu verleihen, der allein über die Drittbahnen wegen deren nach wie vor geringem Marktanteil nicht erzielbar wäre.

4. DB Regio hat in 2010 mehr als 1 Milliarde € Gewinn gemacht. Vielleicht liegt der Verlust von Ausschreibungen ja auch daran…

Die DB Regio war – neben DB Netz, welches die Drittbahnen ständig kräftig zur Kasse bittet – die „Cash-Cow“ der DB schlechthin. Es wird im Regionalverkehr also blendend verdient, der Regionalisierungsmittel sei Dank. Vielleicht legt die DB Regio bei der Beteiligung an Ausschreibungen ja einfach nur eine zu hohe Gewinnmarge an und verliert deswegen.

5. DB Regio kann auf anderen Gebieten punkten

Die DB kann am Markt immer noch zu sehr günstigen Konditionen Fahrzeuge kaufen, einmal der Menge wegen und zum anderen, weil sie als Staatsbetrieb gute Finanzierungsbedingungen bekommt. Dies ist ein klarer Wettbewerbsvorteil gegenüber Dritten, der durch Poolbildung relativiert werden kann und in Niedersachsen ja auch wird. Aber auch hier hat sich das Land an der Finanzierung von Zügen der DB (Loks BR 146, Doppelstockwagen, VT 648) beteiligt. Ferner hat die DB Regio immer noch Heimvorteile bei Trassenpreisen, Stationspreisen, Energiepreisen, da plus und minus im Konzern ausgeglichen werden können (DB Regio und DB Netz sind nichts anderes als kommunizierende Röhren). Diese Pluspunkte sollten bei Ausschreibungen den vermeintlichen oder tatsächlichen Lohnunterschied ausgleichen können.

Es ist einiges nicht in Ordnung im Regionalverkehrsgefüge. Beizupflichten ist Torsten Bergmann bei den Punkten Arbeitsplatzsicherheit (u.a. Thema Arbeitsunfähigkeit wegen Suiziden), Ausbildungsstandards (als Fahrgäste legen wir hier allergrößten Wert auf fundierter Ausbildung), Arbeitsbedingungen (Schichtlängen usw.). Hier wäre aber tendenziell auch der Gesetzgeber gefordert, Mindeststandards zu setzen und deren Einhaltung zu kontrollieren (zum Beispiel über das EBA). Natürlich könnte er auch einen Mindestlohn vorgeben, der Lokführern ein vernünftiges Auskommen ermöglicht. All dies tut er nicht oder nur in sehr begrenztem Umfang. Mittels Streik wird er sich auch nicht in Bewegung versetzen lassen.

Der GdL-Vorsitzende Weselsky gehört seit vielen Jahren der CDU an, also der Partei, die erstens die Bahnreform maßgeblich bestimmt hat, die zweitens den Wettbewerb für das allein Seligmachende hält und die drittens noch jeder Einführung von Mindestlöhnen Widerstand entgegen gesetzt hat. Ausgerechnet er schwingt sich nun zum Retter auf. Das berührt schon sehr merkwürdig – seine Stimme war in alle den Debatten zuvor nicht zu vernehmen.

Wenn schon Streik, dann bitte dort, wo es etwas zu bewegen gilt, und das wären die Drittbahnen, so es denn dort die immer behaupteten Lohnunterschiede gibt. Die DB zu bestreiken, ist unredlich und letztlich auch gar nicht zielführend – im Zweifel würde der Lohnunterschied ja noch größer. Das Thema Arbeitsbedingungen usw. muss auf der politischen Schiene geklärt werden, und dann hätte der DB-Konzern intern noch einiges aufzuarbeiten (vielleicht genügt bei DB Regio ja mal ein Gewinn von 500 Mio anstelle von über 1 Milliarde).

Die Kunden haben mit all dem recht wenig zu tun und können dem Treiben nur hilflos zusehen. Sie werden zum Spielball von Interessen gemacht, zu deren Lösung sie allenfalls per Stimmzettel bei einer Wahl etwas beitragen könnten. Hält die Streikwelle an, werden sie abwandern. Für viele Strecken im Nahverkehr bedeutet dies das Ende. Und dann gibt es nur noch Arbeitsplätze für Busfahrer.
Michael Reinboth

 

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