News vom 04.11.2000 und 05.11.2000

1. Situation des ÖPNV im Südharz im Herbst 2000 - Aktivitäten der Initiative!
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Dringlichkeitsliste für Südharzer ÖPNV!

1. Situation des ÖPNV im Südharz im Herbst 2000 - Aktivitäten der Initiative!

Wie schon seit Jahren wird die Entwicklung des ÖPNV im Südharz durch positive wie negative Akzente geprägt. Ein "Durchbruch" hin zu wirklich durchgreifenden und alle Bereiche umfassenden Aktivitäten ist leider immer noch nicht eingetreten. Da andere Regionen in Deutschland und in Niedersachsen bedeutend mehr tun, hat sich der Abstand des Südharzes leider nicht verringert. Wir sind - allerdings auf etwas höherem Niveau - immer noch im hinteren Tabellendrittel zu finden.

Schienenverkehr

Nach Abschluss der Bauarbeiten zwischen Nordhausen und Niedersachswerfen hätte es nach den ursprünglichen Plänen der DB Netz AG in diesem Jahr zwischen Woffleben und Walkenried weitergehen sollen. Doch daraus ist nichts geworden. Wir führen dies auf die mit dem Wechsel an der DB-Spitze (Mehdorn für Ludewig) eingetretenen Akzentverschiebungen und Verwirrungen zurück. Immerhin sind unter Mehdorn die Aussichten für den Erhalt der regionalen Schienenstrecken anders geworden, ob positiv oder negativ, ist derzeit schwer zu sagen. Jedenfalls gab es wegen der "Denkpause" kein Geld und damit keine Sanierung. Dies lässt für den am dringendsten überholungsbedürftigen Abschnitt Woffleben - Ellrich nichts Gutes erwarten. In Niedersachsen verharrte DB Netz Nord in gewohnter Untätigkeit, und so blieben alle Langsamfahrstellen in Herzberg und Wulften bestehen.

Das Land Thüringen bezuschusst allerdings die Sanierung von Gleisanlagen im Bahnhof Ellrich mit 90 % Fördermitteln, so dass DB Netz Südost wenigstens hier noch in diesem Jahr bauen kann.

Wir haben in zahlreichen Schreiben an DB, Bund und Länder sowie MdBs und MdLs, Landräte und Bürgermeister auf die Folgen der Unterbrechung der Sanierung hingewiesen und um Unterstützung gebeten. Aus Leipzig erhielten wir die Kunde, dass die DB Netz 2001 die Arbeiten fortsetzen wolle. Die Botschaft hör'n wir wohl.... Positive Rückmeldung kam vom Thüringer Wirtschaftsministerium, ansonsten bis dahin nur Zwischenbescheide. Der Schriftwechsel ist auf unserer Internetseite nachzusehen.

Da das Land Thüringen sich auch bei den Fahrzeugen spendabel zeigte und die Beschaffung neuer Triebwagen durch die DB Regio mit 50 % förderte, kommen wir seit August in den Genuss des nagelneuen VT 642, der die RegionalExpresse von der V 216 mit ihren 3 Wagen übernommen hat. Er ist nicht nur spürbar sparsamer im Verbrauch und erfüllt alle Abgasnormen, sondern niederflurig und damit kinderwagen-, fahrrad- und behindertenfreundlich. Auch viele ältere Reisende werden den bequemeren Einstieg begrüßt haben. Die Kinderkrankheiten, bei sonstigen neuen DB-Zügen eher häufig, sind bisher weitgehend ausgeblieben, und wir hoffen, dass dies auch im Winter so bleibt. Leider hat sich DB Regio nicht zu einer offiziellen "Eröffnungsfahrt" durchringen können, um dem "Südharz-ICE" noch mehr Popularität zu verschaffen.

Der Fahrplan rückt ab 5.11. wieder in seine alte Lage zurück, was für Herzberg die Rückkehr des Eckanschlusses Northeim-Osterode bedeutet, aber leider auch zur Verlegung der Kreuzungen von Walkenried nach Ellrich führt. Hierdurch gehen zahlreiche Busanschlüsse verloren, und die Verspätungsanfälligkeit dürfte wegen des Wartens in Ellrich - der Abschnitt bis Walkenried ist nur eingleisig - leider wieder zunehmen.

Wir haben mehrfach schriftlich wie mündlich - beim ZVSN zum Beispiel - auf die Problematik der Verspätungen hingewiesen und darauf aufmerksam gemacht, dass sich bei zügiger Fahrplangestaltung sehr wohl Eckanschluss in Herzberg und Kreuzung in Walkenried miteinander kombinieren lassen. Die nun fehlenden Anschlüsse aus dem Oberharz in Richtung Nordhausen, die im Sommer vorhanden waren, stören allerdings bei DB Regio in Hannover und bei der LNVG, ebenfalls in der EXPO-Stadt ansässig, wohl keinen. Zum Fahrplanwechsel im Mai 2001 werden wir erneut aktiv.

Der Zustand so mancher Station ist immer noch oder zunehmend bedenklich. Gegen den auch im Südharz um sich greifenden Vandalismus kann die DB sicher nur schwer etwas tun, aber ansonsten... Besonders die Verhältnisse in Scharzfeld und (nach Reduzierung der Fahrkartenausgabe) beginnend in Herzberg geben zu denken. Daneben bietet Ellrich ein schlechtes Bild, hier auch auf dem Weg vom Bahnhof in die Stadt. Hier kann leider von "auferstanden aus Ruinen" nicht die Rede sein... Verödete Bahnhöfe locken entsprechende Zeitgenossen an, und so tut sich ein Teufelskreis auf, dem es Einhalt zu gebieten gilt. Im Umfeld der Diskothek gilt dies zunehmend auch für Bad Sachsa. Andererseits schreitet die Sanierung in Nordhausen voran, und Northeim erhält die von vielen Umsteigern sicher sehr begrüßten Aufzüge. In Wulften sieht es inzwischen freundlicher aus, und in Walkenried ist eine Initiative auch um die Gestaltung des Bahnhofsumfeldes bemüht.

Interessant wird es in Osterode werden, denn bezüglich des 2. Neuen Haltepunktes am Berufsschulzentrum schieben sich LNVG, DB Regio & andere den Ball immer wieder zu. Die LNVG verweist (erleichtert?) auf das "Regent"-Programm von Herrn Mehdorn und legt derweil alle Aktivitäten auch für den neuen Hauptbahnhof auf Eis. Hier haben wir ein schönes Beispiel für den Unterschied zwischen Niedersachsen und, sagen wir, Rheinland-Pfalz. Dort wird gerade für "Regent"-Strecken etwas getan, um sie zu fördern! Bei uns zählt wohl nur noch die S-Bahn in Hannover.

Wir haben hierzu mehrere Ortstermine initiiert und begleitet und beteiligen uns aktiv an der Gestaltung in Walkenried. Im Fahrgastbeirat des ZVSN haben unsere Vertreter mehrfach auf die Bahnhofsproblematik und auch auf das Problem Osterode aufmerksam gemacht. Aussage einer Vertreterin der LNVG: In Südniedersachsen tut sich da viel weniger als im übrigen Land... Die LNVG ihrerseits war nun schon 2 Jahre lang nicht in der Lage, etwas zum Northeimer Mühlentor zu sagen.

Busverkehr

Trotz einiger Verbesserungen in den Fahrplänen von RBB und Hahne und des immer noch laufenden Stadtverkehrs in Osterode stehen hier die Zeichen wohl eher auf Sturm, will heißen, schlechteren Plänen, denn gerade im Kreis Osterode sind einige Probleme ungelöst. Während im übrigen Südniedersachsen der Schulverkehr weitestgehend in den Linienverkehr integriert ist, hat der Kreis Osterode den freigestellten Verkehr für weitere 4 Jahre (!) vergeben und damit besonders RBB das wirtschaftliche Überleben durchaus erschwert. Die Bemühungen um eine Heilung dieses Punktes wirken sich auf andere sehr erwünschte und machbare Verbesserungen dahingehend aus, dass diese unter Hinweis auf "laufende Gespräche" auf Eis gelegt werden, und dies möglicherweise über Jahre. So war und ist es RBB nicht möglich, endlich die bestehende Lücke zwischen 5:30 und 7:30 Uhr zwischen Herzberg und Osterode zu schließen - ein Unding in der Verbindung der Kreisstadt mit der zweitgrößten Stadt im Kreis zu bester Berufsverkehrszeit. Auch im Stadtverkehr Herzberg wird auf der Stelle getreten. Natürlich ist es zu begrüßen, dass der Kreis nun endlich das Thema Schülerverkehr von der richtigen Seite her anpackt. Aber müssen deswegen alle Verbesserungen auf die lange Bank geschoben werden?

Wir sind nach wie vor aktiv und bearbeiten die Fahrpläne der Linien 456 und 458 bis hin zu den Aushängen. Zum Stadtverkehr Herzberg liegt ein von uns entwickeltes, von ZVSN, RBB und KVG durchaus gelobtes, vom Kreis jedoch abgelehntes Fahrplankonzept vor. Weitere Aktivitäten konzentrieren sich auf die Linie 455 Bad Sachsa - Bad Lauterberg. Auch hinsichtlich der besseren Darstellung vorhandener Anschlüsse Bahn/Bus im HAFAS-System der DB waren wir hartnäckig und letztlich erfolgreich.

Im ÖPNV ist der Harz weiterhin keine Einheit, im Gegenteil. Die Verbindungen über den Harz von Nord nach Süd und zurück sind in den letzten Jahren schlechter geworden, zumeist gebrochen und werden, wo vorhanden, viel zu wenig kommuniziert. Der Kreis Goslar verfolgt eisern ausschließlich eigene Interessen, für den HVV in Goslar gibt es den ÖPNV im Südharz praktisch nicht. Im Fahrplan des Kreises Goslar, der sich immer noch "Harz" nennt, fehlen beide Südharzer Schienenstrecken. Auf der anderen Seite stehen Bemühungen wie die der Samtgemeinde Walkenried, Kurkartenbesitzer zum Mitfahren in den Linienbussen zu ermuntern. Durchaus erfolgreich übrigens. Dennoch: Wir Südharzer geraten hier wieder mal ins Hintertreffen. Beleg: Der neue Neigezug zwischen Halle und Hildesheim wird mit größter Selbstverständlichkeit "Harz-Express" getauft, nicht etwa "Nordharz-Express". Fahrplantechnisch ist das Gebirge heutzutage geteilter als je zuvor.

Auch hier haben wir's probiert und sind u.a. auf dem Südharz-Symposium in Ilfeld zu diesem Thema aufgetreten. Auch im Fahrgastbeirat haben wir diesen Punkt mehrfach angesprochen.

Verkehrsverbund Süd-Niedersachsen

Natürlich sind wir nicht hundertprozentig zufrieden. Doch bringt die eigenwillige Konstruktion des ÖPNV in Südniedersachsen manche Probleme mit sich, die der Zweckverband allein nicht lösen kann. Viele Köche verderben hier zwar nicht den Brei, aber manches Mal beschleicht einen das Gefühl, dass sie sich gegenseitig angucken und warten, wer zuerst den Löffel eintaucht... Und so warten wir auch und warten und warten. Zum Beispiel auf den Haltepunkt Mühlentor oder auf die Wiederanerkennung des 35-DM-Tickets. Oder auf die Eckanschlüsse nach Clausthal-Zellerfeld. Ansonsten aber kann man nicht meckern: IR-Aufpreis weg, Familienkarte und 24-Stunden-Karte billiger, Fahrrad etwas preiswerter, nun noch die "Karte zum Rumgurken", es hat sich einiges getan. Hoffentlich kommt bald die billige Gruppenkarte am Wochenende und die erweiterte Mitnahme auf Zeitkarten ebenfalls am Wochenende. In der Öffentlichkeitsarbeit geht es sicher voran, doch ist der Verbund immer noch nicht bekannt und populär genug. Hier gibt es noch viel zu tun!

Einige von uns arbeiten im Fahrgastbeirat mit und versuchen, mit Augenmaß Südharzer Interessen einzubringen. Sie stoßen wie andere immer wieder an die Systemgrenzen. Der Tarif wird von 18 Unternehmen gemacht, der Schienenverkehr in Hannover, die Stationen werden von DB Station&Service betreut, die Automaten von DB Regio, die Gleise vergisst DB Netz zu reparieren... Und die Stadt Göttingen geht in punkto eigener Busverkehr auch eigene Wege. Allein das Thema der defekten Automaten füllt schon ganze Umlaufmappen. Nicht aufgeben heißt hier die Devise.

Schienengüterverkehr

Dies ist nahezu das traurigste Kapitel von allen, denn DB Cargo scheint von allen guten Geistern verlassen. Sicher hat dies alles auch mit Wettbewerbsbedingungen zu tun. Die Einflussmöglichkeiten einer Initiative wie der unseren sind aber ausgesprochen begrenzt. Wir können nur hoffen, dass die wenigen verbliebenen Verlader (trotz oder wegen DB Cargo?) durchhalten, denn verglichen mit anderen Strecken ist das Aufkommen noch beachtlich. Unverständlich, dass sich zum Beispiel in Sachen Zufuhr von REA-Gips nichts tut, das ist im Kreis Holzminden schon sehr anders. Aber die schwerfällige Behandlung auch dieses Themas passt - leider - ins Südharzer Bild. Schade.

2. Dringlichkeitsliste für Südharzer ÖPNV!

In Anbetracht der Vielzahl an Problemen würde eine Dringlichkeitsliste ziemlich lang werden. Versuchen kann man es - aus unserer Sicht - trotzdem:

A. Schiene, Infrastruktur

1. Sanierung der Südharzstrecke zwischen Woffleben, Ellrich und Walkenried
2. Beseitigung der Langsamfahrstellen in Herzberg und Wulften
3. Anhebung der Geschwindigkeit zwischen Herzberg und Seesen auf 80 km/h
4. Ordentliches Umfeld auf den Bahnhöfen Ellrich, Bad Sachsa, Scharzfeld, Herzberg
5. Vorantreiben der Stationsproblematik in Osterode am Harz
6. Endlich funktionierende Automaten

B. Schiene, Fahrplan

1. 70 Minuten Fahrzeit für 70 km zwischen Northeim und Nordhausen
2. Durchbindung über Erfurt hinaus nach Saalfeld
3. Durchbindung über Northeim hinaus bis Altenbeken
4. Spätzugpaar zwischen Braunschweig und Bad Lauterberg an allen Tagen

C. Bus

1. Herstellung fehlender Anschlüsse und Schließung von Taktlücken
2. Ausbau der Stadtverkehre in Osterode und Herzberg am Harz
3. Bessere Vermarktung des Angebots unter touristischen Aspekten
4. Verbesserung der Anbindung an den Ober- und Nordharz
5. Einsatz besserer Omnibusse gerade auf touristisch geprägten Linien

Michael Reinboth